Cd-Besprechung

Jan Delay - Wir Kinder Vom Bahnhof Soul

Jan Delay

Wir Kinder Vom Bahnhof Soul

Vertigo
  Vö: 14.08.2009

Bewertung:  9 Punkte
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Würde es nach der Logik einiger Leser der „Tribute To Die Fantastischen Vier“ Review gehen, müsste Jan Delays neustes Machwerk „Wir Kinder Vom Bahnhof Soul“ glatte 15 Punkte bekommen. Immerhin ist es laut Media Control auf Platz 1 gestürmt, hat somit Michael Jackson vom Thron gestoßen und verdient aufgrund der Kaufentscheidung der Deutschen somit die volle Punktzahl. Aber Moment. Die Szenepolizei hört sich das noch einmal mit „Argusohren“ an.
Nun aber zum Eingemachten: Was hat sich seit „Mercedes Dance“ bei Jan „Verzögerung“ getan?
Eine ganze Menge. War auf dem Vorgänger Reggae tot und Funk dran geht es nach dem Albumtitel zu urteilen in Richtung Soul.
Es lässt sich zumindest festhalten, dass der Sound wesentlich organischer und noch weiter von Hip Hop Beats - hin zum Big Band Ensemble der ganz großen Geste - mutiert ist und er dabei einer seiner Stärken beraubt wurde; dem fetten Bass. Hätte auf dem Vorgängeralbum das „Intro“ noch locker auf eine Beginner Platte gepasst, so sucht man diese Verbindung auf Delays neuster Platte vergebens. Nur die sonor, knödelige Stimme mit dem nasalen Wäscheklammersound zieht sich wie ein roter Faden durch alle Machwerke, in die Jan Delay involviert war.
Markant und eingängig ist das neue Album deshalb schon per se. Beispielhaft ist auch die schwer rotierende Hitsingle „Oh Johnny“, die wie Rantanplan in etwas glattgebügelter klingt. Problematisch wird es eigentlich nur, wenn der Retro Funk und Discoanteil übermächtig wird. Zu viel WahWah Gitarre, zu viel Mirrorball und zu viel Discobeats. Da sieht man vor dem inneren Auge John Travolta und Disco Stu auf einem blinkenden Dancefloor abgrooven bis die Fische in Disco Stus Plateauschuhen zum wiederholten Male tot sind. Auch Assoziationen zu Stefan Raabs „Wadde Hadde Dudeda“ Blödelsong und seiner, technisch guten, aber ansonsten stinklangweiligen und beliebigen Hauskapelle werden geweckt.
Insgesamt wirkt „Wir Kinder Vom Bahnhof Soul“ etwas affektiert und kalkuliert, ohne die unbekümmerte Leichtigkeit und Offenheit des Vorgängers zu erreichen. Nach den großen Tourerfolgen und der massiven Medienpräsenz, - die sich offensichtlich auch in Cd Verkäufen ausgezahlt hat und die er durchaus selbstironisch aufgreift - musste anscheinend ein Erfolg versprechendes und massenkompatibles Gesamtpaket geschnürt werden.
Von daher passen auch die nachdenklicheren, sagen wir mal „Balladen“ ist das Konzept. Insgesamt ist Jan Delay dieser Spagat geglückt: Die Massen anzusprechen und dass bei der Prämisse, sich selbst Treu zu bleiben und Authentizität auszustrahlen. Bleibt nur zu hoffen, dass sich Delay bei seinem nächsten Album ein etwas weniger vielversprechendes Musikgenre als Inspiration vornimmt. Dann könnte man sich ggf. demnächst über eine „Soul ist tot und jetzt ist Polka da“ Zeile bei Jan Delay freuen. Dann würde die gesamte Chose wieder etwas spannender werden und erneut einen Überraschungseffekt eintreten.

9 Punkte (von max. 15)

Michael Konen01.09.2009

TRACKLIST
1. Showgeschäft
2. Oh Jonny
3. Ein Leben Lang
4. Überdosis Fremdscham
5. Abschussball
6. Hoffnung
7. B-Boys & Disko-Girls
8. Large
9. Kommando Bauchladen
10. Litlle Miss Anstrengend
11. Rave Against The Machine
12. Disko
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