Cd-Besprechung

Green Day

American Idiot

WEA
  Vö: 27.09.2004

Bewertung:  14 Punkte
Leserwertung:  11.2 Punkte
Stimmenzahl: 61

- 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

Ruhig war es geworden um Green Day. Sogar schon beunruhigend ruhig. Langsam drohten sie beim einfachen Volk in Vergessenheit zu geraten, besonders bei dem, das sich nicht mehr an die sagenumwobene „Dookie“-Zeit erinnern kann.
Doch mit einem Knall melden sich Green Day nach vier Jahren zurück. Von einem Konzeptalbum ist die Rede, ja sogar von einer ganzen Punkrockoper munkelt man. Aufrütteln soll es und dabei helfen, Bush von seinem unrechtmäßigen Thron zu stoßen.

Da stellen sich mir spontan zwei Fragen. Zum einen, ob sich die Worte Punk und Oper nicht grundsätzlich ausschließen. Und zum anderen, wie es in den Vereinigten Staaten überhaupt so weit kommen konnte, dass sogar Green Day sich von ihrem Spaßband-Image verabschieden, um sich politisch zu engagieren. Dieses Vorhaben ist auch ohne Hören der Platte bereits zu würdigen.

Aber kommen wir zurück zu dieser Sache mit dem Konzeptalbum und der Punkrockoper. Nach dem ersten Hören der Platte muss man zumindest schon mal feststellen, dass Green Day (ähnlich wie Blink 182 mit ihrem selbstbetitelten Album) musikalisch, textlich und geistig wesentlich erwachsener und reifer wirken.
Danach muss man erkennen, dass „American Idiot“ die Grenzen eines einfachen Konzeptalbums deutlich durchbricht und tatsächlich eine Oper in 13 Akten darstellt.
Und darauf weisen nicht nur die beiden eposgleichen 9-minütigen Stücke hin, die zwar noch unterteilt, aber in sich trotzdem stimmig und homogen sind.
Da ist nämlich auch die Geschichte von Jesus of Suburbia, St. Jimmy und Whatsername, die in den Stücken erzählt wird. Zwar könnte jeder Song auch für sich selbst stehen, doch man findet immer wieder übergreifende Motive und Hinweise auf die vorhergehenden Stücke. Was man aus dem Ganzen am Ende macht, ist jedem selbst überlassen, doch zumindest die grobe Richtung ist vorgegeben. Und die amerikanische Gesellschaft kommt dabei nicht sonderlich gut weg.
In diesem Fall wäre es tatsächlich angebracht, sich das Booklett zu Gemüte zu führen, um das Album richtig interpretieren zu können. Wäre doch sonst schade um die ganze Arbeit.

Musikalisch gesehen ist aus der Schaffensgeschichte Green Days von allem was dabei. Da sind die altgewohnten kurzgehaltenen Punkliedchen, die popbeseelten Songs, die Balladen, ein paar Steicher, die beiden außergewöhnlichen 9-Minüter „Jesus of Suburbia“ und „Homecoming“ sowie das fröhlichanmutende, doch sehr zynische „Holiday“. Und das alles auf einem sehr ansehbaren Niveau.
Vielleicht könnte man „American Idiot“ die Aussöhnung von Punk, aus dem Green Day kamen, mit Pop, dem sie sich verkauften, nennen.

Na ja, zumindest wissen wir womit sich die Herren die letzten vier Jahre beschäftigt haben. Musikalisch zahlt es sich schon heute aus, denn dieses Album ist eigentlich ein Pflichtkauf. Ob es sich auch politisch auszahlt, wird sich im November zeigen. Zu hoffen wäre es und vielleicht erreichen Green Day ja mehr Leute als die doch sehr auf die Szene bezogenen RockAgainstBush-Sampler.
14 Punkte sollten für dieses Gesamtkunstwerk hinreichend gerechtfertigt sein.

14 Punkte (von max. 15)

Katja Pentelin, 28.09.2004

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