Cd-Besprechung

Disco Ensemble

First Aid Kit

11PM / Cargo
Vö: 04.04.2005

Bewertung: 12 Punkte
Leserwertung: 10.9 Punkte
Stimmenzahl: 18

Es ist längs kein Geheimnis mehr, dass Skandinavien im Allgemeinen immer mal wieder richtig gute Bands beheimatet, und ab und zu sogar richtig großartige. Als kommerzielle Speerspitze reiten da seit einem Jahr Mando Diao durch Europa, die Leute eines besseren zu belehren: "Bei uns kommen Melodie und Energie zusammen. TSOOL haben nur Melodie, The Hives haben nur Energie. Beide sind weg vom Fenster!" Den letzten Satz lassen wir mal so dahingestellt - trotzdem haben die Jungs ihre selbstgerechte Rechnung ohne das Disco Ensemble gemacht. Aber erstens kommen die ja auch aus Finnland und nicht aus Schweden, und zweitens haben die mit Mando Diao nur das eine gemein: Melodie und Energie.

Besonders vom letzten mehr als andere vertragen können. Neben Rock’n’Roll-Einflüssen, um die da oben wohl keiner komplett rumkommt wenn er nicht gerade zuwenig Sonne abkriegt und zuviel Gothic hört, steht mindestens ein Bein im Hardcore. Und spätestens jetzt kommt man um die alten Helden von Refused nicht herum. Bis dahin ist es aber noch ein weiter, wenn nicht unerreichbarer Weg – aber das ist ja auch keine Schande. Außerdem wollen Disco Ensemble ja auch nicht dahin - die kommen von dort. Billy Talent, im Sprint eh uneinholbar, haben schon eine Runde Vorsprung, aber mit dem „First Aid Kit“ schließen die vier Finnen im Eiltempo auf. Ihr Vorgänger „Viper Ethics“ wurde dazu gerade erst hierzulande re-released. Und als Motto: Der Song ist das Ziel. Gleich der Opener des Erste Hilfe-Pakets namens „This Is My Head Exploding“ wirkt tatsächlich kleine Wunder auf die gelangweilten Hardcore-Ohren. Hooklines, krachende Refrains, nicht zu große Verspieltheit, oder kurz – siehe oben – Energie und Melodie! Miika Koivisto SCHREIT: „I’m trying to shout, but no sound comes out, this is my voice signing off!” Suche den Fehler - schöner Widerspruch! So geht’s lustig weiter. Und das andere Bein? Das steht irgendwo in ihren Kindertagen der 80er. Neben diversen Punk- und Hardcore-Größen sollen The Cure als ein Einfluß verstanden werden – nur falls es jemand nicht merkt. Ihre Jugend in jener Dekade macht sich aber – Gott sei Dank – nicht in fiesen Synthie-Teppichen und schrägem Rumgewimmer bemerkbar, sondern schleicht sich vielmehr selbstverständlich in die Songs ein, höre z.B. „We Might Fall Apart“. Mit dem abschließenden „Sleep On The Weel“ gelingt dem Disco Ensemble gar eine ganz große Geste: „And then i nearly blew all away, but your love kept me sane“.

Gut, dass im Titeltrack die Krankenwagen schon gerufen wurden, sei es für sich selbst oder alle anderen. Aber eine Lüge gibt’s trotzdem: „The first aid kit, it’s useless, it’s too late, it offers no help“. Diese Platte bringt mindestens kurzweilige Genesung und ist alles andere als unbrauchbar. Und zu spät ist es doch nie!?!

12 Punkte (von max. 15)

Fabian Soethof, 02.04.2005

TRACKLIST
01. This Is My Head Exploding***
02. We Might Fall Apart
03. Drop Dead, Casanova
04. Human Cannonball
05. Black Euro***
06. First Aid Kit***
07. Fresh New Blood
08. See If I Care
09. So Long, Sisters
10. You Are The Dawn
11. Sleep On The Wheel***
[ *** Anspieltipps ]

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