Cd-Besprechung

Dendemann

Die Pfütze des Eisbergs

Yo Mama!
  Vö: 01.09.2006

Bewertung:  13 Punkte
Leserwertung:  9.3 Punkte
Stimmenzahl: 169

Es gab mal eine Zeit in den goldenen 90er Jahren, da stand eine Gruppe von coolen Nordlichtern als Synonym für deutschen Hip Hop und zeigte der Baggy-Generation, dass Style nicht nur was mit Klamotten, sondern auch mit Stil zu tun hat. Eins Zwo, Beginner, Fünf Sterne Deluxe, Doppelkopf – Namen, die Rap und Hip Hop in Deutschland entschieden etabliert und weiter gebracht haben. Ach ja, was war das schön damals, als „Opfer“ noch kein gebräuchliches Wort im Sprachschatz der Jugend war, als der heutige Hauptstadt-Proll-Rap für Zurückgebliebene und Stille-Treppe-Kinder zwar schon in den Plattenbauten zuhause, aber längst noch nicht bei TRL angekommen war. Damals, als gute Laune und Party machen anstatt „auf die Fresse, Aldaa“ und Klingelton-Belästigung angesagt waren.

Diese Zeiten kommen nicht wieder, das steht fest. Aber es gibt da einen Typen, der versucht zumindest einen Teil der damaligen Stimmung wieder auferstehen zu lassen. Dendemann, die krächzige Reibeisenstimme mit der angewachsenen Cap ist zurück und liefert sein erstes Soloalbum Die Pfütze des Eisbergs ab. DJ Rabauke, sein langjähriger Weggefährte ist nicht mehr Fulltime hinter den Reglern, sondern streut nur noch hier und da ein paar Cuts ein. Eingetauscht wurde der Gute, der heute eher housigen Tönen zugewandt ist und diese in Clubs gern unter die Fußsohlen schmeißt, gegen Leute wie Audiotreats und Jansen & Kowalski. Das hat zur Folge dass 2006 weniger die von Eins Zwo gewohnten, sehr relaxten Jazzsounds am Start sind, sondern vielmehr mächtig nach vorn bouncende Beats der amerikanischen Schule (Inhalation, Endlich Nichtschwimmer) aus den Boxen bollern. Steht dem Album aber sehr gut zu Gesicht und lässt einen kaum mal eine Sekunde ruhig sitzen bleiben.

Aber aber aber – viel wichtiger als all das sind natürlich die mal wieder über alle Zweifel erhabenen Lyrics des Herrn Dendemann, der auf seinen neuen Tracks kleine und große Weisheiten aus dem alltäglichen Leben preisgibt und diese in ein Gewand voller Wortverschachtelungen und Metaphern hüllt, dass es eine wahre Pracht ist. Mal erklärt er uns die Magie des ersten Mals (nicht was ihr schon wieder denkt…), mal liefert er mit Ersoichso die Fortsetzung eines alten Eins Zwo Hits, mal haut er uns in wenigen Minuten ganze Dekaden voller Kindheits- und Jugenderinnerungen um die Ohren. Voll gepumpt mit sprühendem Wortwitz und augenzwinkernder Intelligenz sind alle Songs eine Wonne für die von mittelmäßigen Knaststories geplagten Ohren. Hier kommt der Glaube an den guten Hip Hop zurück. Rap aus dem FF – funky und fett und mit so vielen Wortspielereien, dass man gar nicht hinterher kommt. Mehr Dendemänner braucht das Land!

PS: das genial an D`Angelo angelehnte Video zu "3 1/2 Minuten" ist natürlich sowieso der Oberburner!

13 Punkte (von max. 15)

Bogatzke 28.08.2006

TRACKLIST
1. Check mal die Rhetorik ab ***
2. Das erste Mal
3. Das Lied mit dem...
4. Gut und gerne
5. Endlich Nichtschwimmer ***
6. 3 1/2 Minuten
7. Kommt Zeit dreht Rad
8. Inhalation
9. LaLaLabernich
10. Volle Kontrolle
11. Sachmagehtsnoch
12. Ersolchso
13. Hoertnichauf
14. Sensationell
15. Dende 74 (mit Gwen McCrae) ***
[ *** Anspieltipps ]

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