Cd-Besprechung

Beck - The Information

Beck

The Information

Geffen / Universal
  Vö: 06.10.2006

Bewertung:  10 Punkte
Leserwertung:  11.0 Punkte
Stimmenzahl: 1

Schön zu lesen, wie Musikkritiker häufig das Naheliegende tun. In Bezug auf ein neues Album von Beck liest man nur zu gerne Überschriften wie „Beck is Back“ oder „Immer noch ein Loser, Baby“. Vom Tausendsassa, Gott der Samples und vom musikalischen Chamäleon ist da die Rede. Wenn man dann schon dabei ist, dann wird auch noch ein wenig die Mottenkiste bemüht. Als sich damals Kurt Cobain das Leben nahm stand von nun auf gleich eine ganze Generation kurz vor dem Abgrund und suchte nach einem neuen Idol. Gut, dass da ein Beck Hansen in den Startlöchern stand. Genau so war das 1994 damals. Ein kleiner Schlacks ruft einmal „Soy un perdedor!“ und es liegen ihm Millionen zu Füßen.

Doch das ist nur die halbe Leier. An anderer Stelle wird Becks Mitgliedschaft bei Scientology unablässig als Beleg für seine schwindende Kreativität angeführt. Wiederum an anderer Stelle wirft man ihm vor, stets seelenloses Liedgut veröffentlicht zu haben.

Unerquicklich von vorn bis hinten. Wo doch das Fazit des neuen Albums „The Information“ so einfach ist: Beck ist seiner Kreativität nicht verlustig gegangen. Am Horizont zeichnet sich nur leicht ab, dass sich auch er vielleicht nur sieben Male im Leben komplett neu erleben kann. „The Information“ ist ein durchweg solides Beck-Album, bewegt sich aber in weiter Entfernung einstiger Großtaten wie „Odelay“ oder „Mellow Gold“.

2006 ist nicht mehr 1996 – das hört man deutlich. Schon bei „Elevator Music“ pluckern die Beats glasklar und furztrocken durch die Lautsprecher. Dezent gelangweilter Sprechgesang. Die Texte weiterhin kaum nachvollziehbar und assoziativ. „Think I’m In Love“ ist – dem Titel gar nicht angemessen – mindestens ebenso kalt, bis auf einen Schlag die Wolken aufbrechen und Geigen, die Welt wieder farbig scheinen lassen. Lyrisch aber entsteht hier der Kontrast: What if it’s wrong to pray in vain? What does it mean to fake your death? To wake up tainted.

Das einzig tendenziell Neue: die Psychedelik, in die Beck Songs wie „Dark Star“ und „Cellphone’s Dead“ einspinnt – nur selten soll einen die fast schon klassische Mundharmonika auf den Boden holen.

Und der Humor? Ist auch noch vorhanden. Wenn Beck im ohnehin mitreißenden „Nausea“ zu singen beginnt, „I’m a seasick sailor on a ship of noise“, dann fällt es schwer, ein Lachen zu verkneifen. Wenn man dann nach dem beschwingten „No Complaints“ fast schon prächtig gelaunt ist, vergeht einem das Lachen dann spätestens bei „1000 BPM“, das den Hörer unablässig in Richtung Kopfschmerz schleifen will.

Doch „Movie Theme“ streichelt und beschwichtigt wieder. So als gäbe es Anlass, eine versöhnliche Mine aufzusetzen.

Seelenlosigkeit findet sich woanders. Nicht hier. Kein Abgesang also. Nur ein in Teilen ungeduldiges: Und nun?

10 Punkte (von max. 15)

Martin Baum13.11.2006

TRACKLIST
1. Elevator Music
2. Think I'm In Love ***
3. Cellphone's Dead
4. Strange Apparition
5. Soldier Jane
6. Nausea ***
7. New Round
8. Dark Star ***
9. We Dance Alone
10. No Complaints
11. 1000bpm
12. Motorcade
13. The Information
14. Movie Theme
15. The Horrible Fanfare / Landslide / Exoskeleton
16. Inside Out
[ *** Anspieltipps ]

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