Cd-Besprechung
Leserwertung: 11.3 Punkte
Stimmenzahl: 20
Andthewinneris heißt die Band, „The Punch And Judy Show“ Ihr Debüt-Album. Schon jetzt wird deutlich: Hier hat jemand seine Musik zum Sport gemacht. Im Ring stehen fünf Jungs aus Hannover, und im Zusammenhang mit Ihrem Sound ist das schon fast die erste Überraschung. Denn hinter amerikanischen Szene-Größen versteckt man sich keineswegs. Welche das sind? Zu viele um sie zu nennen, aber wie auch ATWI sind die meisten von Ihnen mit einem Skateboard unter den Füßen groß geworden.
Die Wurzeln stecken also klar im Punkrock, was Touren mit Lagwagon, den Mighty Mighty Bosstones, den Donots, A oder der „Eastpak Resistance Tour“ nur unterstreichen. Überhaupt hat man es hier wahrscheinlich mit einer typischen Live-Band zu tun. Beim spätestens zweiten Durchgang wird aber schon deutlich: Da steckt noch mehr darin. Klaviere, weibliche Vocals und, ja, Emotionen. Man muss wiedermal an die guten alten Get Up Kids denken. Auch an Pale. Was diese Bands so auszeichnet, wird hier die Offenbarung: ein unverkennbarer Pop-Appeal. Eine Hookline jagt die nächste.
Daraus folgt aber auch (natürlich nicht zwangsläufig): „The Punch And Judy Show“ ist nicht durchweg die hohe Kunst der tiefen Schläge. Es ist kein zusammenhängendes homogenes Meisterwerk, kein Sieg nach Punkten. Hier wird Runde für Runde aufs neue Gas gegeben, jeder Song also vielmehr ein neuer Fight. Das macht die Show zu einem kurzweiligen Erlebnis und einer Ansammlung von kleinen großen Hits (und Punches), von großartig bis belanglos. Stichprobe gefällig? „This Is The Dumbest Vacation I’ve Ever Been On“, ein Rockdisco-Tanzboden-Füller, dafür geb ich meinen Mundschutz ab. Ähnliche Qualitäten ziehen sich durchs ganze Album, kein Song, den man nicht nach dem zweiten Lauschen mitsingen könnte.
Geschrien wird hier außer in der nicht wirklich überzeugenden Strophe (eben wegen jener Tatsache) von „Between You and Me And The Fencepost“ praktisch nie, nur Melodien variiert. Gerade das kann man ATWI heutzutage ja auch beinahe hoch anrechnen – sich trotz aller Ähnlichkeiten zu zig anderen Bands nicht zu sehr am Trend anzubiedern, sondern Mut zum Popsong und zu Melodien zu haben. Sicher, etwas mehr Tiefe im Gesang wünscht man sich anfangs schon noch, mehr Eigenleben. Überhaupt ist das Ganze bald so glatt wie ein Babypopo. Aber übel nehmen kann ATWI das keiner so richtig. Denn klar, „The Punch And Judy Show“ ist musikalisch so innovativ wie die nächste Reality-Show, aber dafür bestimmt hundertmal so unterhaltsam, und immer spritzig wie die nächste Dose kaltes Bier.
„Tiger Food“ gibt zum Ende hin die späte Verschnaufpause, bevor im abschließenden „We’re Looking At An All-Time Low in Popularity Here“ noch mal gebührend Abschied genommen werden möchte und dabei fast pathetisch wird. Wie Boysetsfire zuletzt. Kann man auch schlechter machen.
Die fehlende Integrität von anderen deutschen Rock-Kaspern wie „4Lyn“ gelingt ATWI dabei quasi nebenher. Denn die Jungs hier wissen was sie machen und was man Ihnen vorwerfen kann. Den Spaß an der Sache kann Ihnen dabei aber keiner nehmen. Nur der Sommer, der ist leider schon längst vorbei.
11 Punkte (von max. 15)
Fabian Soethof, 09.11.2004
TRACKLIST
01.That's life in the putty knife factory
02.Smart move, sissy boy
03.Ice cream is not my final answer***
04.A miss is as good as a mile
05.A Michigan bankroll***
06.This is the dumbest vacation I've ever been on***
07.Do lunch or be lunch***
08.All this was funny until she did the same thing to me
09.Between you and me and the fencepost...
10.Use it up, wear it out, make it do or do without
11.Tiger food***
12.We're looking at an all-time low in popularity here***
[ *** Anspieltipps ]
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