Special
Dolf Hermannstädter
Got Me? - Hardcore-Punk als Lebensentwurf
Das "Trust"-Magazin ist seit nunmehr 22 Jahren eine Institution der DIY-Szene und sticht nach wie vor angenehm aus der großen Fanzine-Palette heraus. Dolf Hermannstädter war einer der Mitbegründer des "Trust" und schreibt bis heute Ausgabe für Ausgabe seine schnodderige und immer unterhaltsame Kolumne. Von Juli 1986 bis September 2007 kam der Gute auf satte 125 Kolumnen, welche jetzt bei Mox & Maritz als Paperback erschienen sind.
Zunächst gibt es zwei Vorworte, eines von Jan Röhlk (Trust-Kollege), das andere vom ehrwürdigen Ian MacKaye (Fugazi, Minor Threat). Interessanter jedoch ist das folgende Gespräch zwischem letzteren und Hermannstädter himself, bei dem man einiges über die Entstehung des "Trust" erfährt und amüsante Anekdoten zwischen zwei alten Szene-Hasen ausgetauscht werden.
Die Kolumnen sind Zeugenbericht und Zeitdokument, Szenereport und persönliche Reflektion, Klo- und Bettlektüre gleichermaßen. Es scheint, als notiere Dolf Hermannstädter jeden seiner Gedanken, wobei es sich natürlich nicht immer nur um Musik dreht. Gesellschaft, Toleranz, Politik und Konsum sowie Freundschaft und die Liebe - kein bewegendes Thema kommt zu kurz. Dabei nimmt Hermannstädter nicht immer Positionen ein, die in den gegebenen Kreisen zu starren Denkmustern gehören: Doppelmoral wird genauso angeklagt wie das blinde Ausüben eines bestimmten Lebensstils, auch wenn man auf der "guten" Seite steht. Ein anderes großes Thema ist die Fanzine-Arbeit an sich. Hermannstädter berichtet ausgiebig von den Freuden und Strapazen der Produktion dieser kleinen, sympathischen Hefte, von technischen Aspekten und Auflagensteigerung, vom Schreiben an sich sowie von der beeindruckenden internationalen Vernetzung der Fanzine-Macher.
Der Schreibstil ist immer erfrischend direkt, die Kolumnen lesen sich oft wie ein Tresenmonolog nach zwei Bieren. Die Ausdrucksweise wurde im Laufe der Zeit immer gewandter, wodurch gerade die Kolumnen der letzten Jahre zum wahren Lesevergnügen werden. Dabei wird sowohl auf Gedankenströme als auch auf trockene, aber lesenswerte Analysen zurückgegriffen.
Interessant wären vielleicht noch Kommentare zu den Kolumnen aus heutiger Sicht gewesen, aber ansonsten ist "Got Me? - Hardcore-Punk als Lebensentwurf" ein tolles, unkonventionelles Portrait einer Szene, geschrieben von jemanden der sie kennt wie nur wenige andere.
Benedikt Ernst, 13.04.2008
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