Special
Serdar Somuncu
Der Antitürke
Der Bullterrier des deutschen Kabaretts. So wird Serdar Somuncu genannt. Zu recht. Wer ihn einmal bei Night Wash gesehen hat, wie er seine politisch unkorrekten Hass-Salven abfeuert und dabei die Augen eines Charles Manson als süß erscheinen lässt, weiß wovon die Rede ist.
Serdar Somuncu spricht - wie in dem Buch auch erwähnt - dass aus, was sich die meisten Leute nicht einmal trauen zu denken.
Das klingt ja alles ganz spannend und mit dementsprechend hohen Erwartungen begann die Lektüre von „Der Antitürke“, wobei der Name nicht unbedingt immer Programm ist. Es könnte auch genauso gut „Der Antideutsche“ heißen, denn Somuncu drischt von allen Seiten auf Klischees der jeweiligen Lager ein und widerlegt sie plausibel. Er stellt sozusagen in Personalunion das deutsch-türkische Verhältnis dar: Eine auf der Zweckgemeinschaft basierende Hassliebe.
Leider entwickelt das Buch jedoch nicht den bekannten Biss den Somuncu auf der Bühne so auszeichnet. Der Antitürke ist vielmehr eine Faktensammlung und ein Pseudoratgeber für den Umgang mit Deutschen bzw. Türken. Viele seiner kleinen Geschichten sind bereits aus dem Bühnenprogramm bekannt und entwickeln in der Printversion bei weitem nicht die Dynamik wie vor einem Live-Publikum. Es fehlen die Interaktion und der Schockmoment einiger spießiger Schöngeister im Publikum. So alleine auf dem Sofa schockiert Somuncu nur bedingt, da viele Leute anscheinend sich doch trauen zu denken, was er ausspricht. Mich eingeschlossen. Klischees beruhen nun mal auf Erfahrungen und eine Erfahrung ist nun mal, dass jugendliche männliche Türken gerne einen 3er BMW fahren und man bloß kein böses Wort über ihre Mutter verlieren darf. Und ja, Deutsche sind wortkarge Spießer, die einen Stock im Arsch haben und Bier saufen und Kartoffeln essen.
„Klischees sind dazu da, um bestätigt zu werden. Und ehrlich gesagt geht mir diese Todgequatsche des deutsch-türkischen Verhältnisses schon lange auf die Klötze.“ So eine Vorschlaghammerrhetorik hätte ich von Somuncu erwartet. Im Endeffekt ist „Der Antitürke“ zu zahm und bieder. Ja, schon fast Deutsch! Bitte Serdar, wo ist dein türkisches Temperament geblieben?
• Broschiert: 160 Seiten
• Verlag: Rowohlt Tb. (2. Juni 2009)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10: 3499625105
• ISBN-13: 978-3499625107
• Größe und/oder Gewicht: 18,8 x 12,4 x 1,2 cm
Michael Konen, 06.06.2009
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