Bizarre-Radio empfiehlt

Ich bin ein Berliner

SO36, Berlin
13.11.2009

Das die Bewohner Berlins patriotisch sind, dürfte wohl für die Meisten nichts Neues sein. Jetzt haben sich 3 in Berlin lebende, aber nicht unbedingt aus der Hauptstadt stammende Musiker zusammen getan, um ihre Liebe zu Berlin zu feiern. Mit "Ich bin ein Berliner" ist seit August 2009 ein monatlich wiederkehrendes Minifestival entstanden, das alle Ecken und Kanten und aktuellen Strömungen des elektronischen Rock’n’Roll im wildesten Sinne spielerisch an einem historischen Ort auszuleuchten sucht. Wer jetzt an Touristenziele wie das Brandenburger Tor oder den Reichstag denkt, liegt allerdings schwer daneben, denn beim „Ich Bin Ein Berliner“ Festival zelebrieren verschiedene Liveacts, DJs und Künstler auf der Bühne des SO 36. Egal ob sie nun Newcomer oder doch schon ein gleißender Stern sind, sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind Wahlberliner im Geiste, im Herzen oder einfach im wahren Leben und sie lieben das SO 36!

Die Idee zur „Ich bin ein Berliner“ Party entstammt übrigens dem berühmten Satz JFKs, der für viele eine Ikone der Politik und auch der Pop-Kultur ist. Für die Popkultur erlangte die Verheissung dahinter ein Dekade später eine besondere Bedeutung: David Bowie und Iggy Pop folgten diesem inneren Bekenntnis und nahmen 1976 hier Ihre vielleicht beste Alben auf. Depeche Mode, Nick Cave, Crime & the City Solution waren die in den 80er inspirierenden Neu-Berliner. Ein gewaltige Welle außerirdisch guter Berliner strandete nach dem Fall der Mauer: Peaches, Miss Kittin und Stereo Total – nur um mal einige zu nennen.

Auch heute ist Berlin weiterhin eine große Spielwiese für Künstler aus allen Ländern der Erde. „Ich bin ein Berliner“ heißt für viele nämlich auch seine eigene Identität aufzumischen und neu zu kreieren. Und das zeichnet sich besonders in der Musik ab, die in der Hauptstadt entsteht: Electro, PostPunk, Minimal, Cabaret, Glam, Tek, Rock n Roll, Queer. Berliner Musik ist eben ein „Transgenre“ – provokativ und neu.

Und was ist nun so besonders am SO36? Ganz einfach: Das SO36 nahm 1978 mit dem zweitägigen „Mauerbaufestival“ (zum ironischen Gedenken an den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961) seinen Betrieb auf. Unter wechselnder Regie blieb es bis 1983 ein Zentrum der Punk- und Wave-Szene in Ost-Deutschland. Bands wie Slime, Throbbing Gristle, Die Ärzte, Die Toten Hosen, Einstürzende Neubauten, Die tödliche Doris oder Dead Kennedys gehörten hier zu den Stammgästen. 2009 feierte das SO 36 dann sein 30-jähriges Jubiläum. Die illustre Geschichte, aber auch genauso die räumlichen Voraussetzungen waren dann der ausschlaggebende Punkt für die Veranstalter, dass „Ich bin ein Berliner“-Festival dort all-monatlich stattfinden zu lassen.

Wer jetzt neugierig geworden ist, der sollte sich hier noch schnell einen Überblick über die auftretenden Acts verschaffen, denn es lohnt sich wirklich hinzugehen:

- Opening Act: Aerea Negrot – eine faszinierende Diva der Techno-Oper

- Platzblanche – eine wilde Wlektro Glam Rock Band

- The Moustache – 3 Musiker aus Madrid, die mit einer Mischung aus Disko, Hip Hop und Indietronics einheizen

- Electronicat – sorgt für tanzbaren elektronischen Rock’n’Roll

Und wem das immer noch nicht reicht, der kann sich danach noch die Seele aus dem Leib tanzen. Für die nötige musikalische Untermalung sorgen:

- Electrosexual – sorgt für ordentlich ElectroSex Musik

- Two for the show (live) - musikalische Clownerie

- Emmanuelle5 – sorgt für eine Mischung aus Indie-Elektro-Glam-Rock und Glampunkpop

- David Maars – Zauberer des Disco-Wave-Electro-Rock

Durch die sagenhafte Show führt dann auch kein geringer wie Andreas Schwarz, der charismatische Platzblanche Sänger, der es ohne Probleme schafft alle Aufmerksamkeit auf das zu lenken worauf es eben ankommt: die Bühne. Und da es beim „Ich bin ein Berliner“ Festival um die Künste geht, dürfen neben der Musik natürlich weitere Künste nicht fehlen. Für den entsprechenden optischen Reiz sorgen dann Mademoiselle Kla, die mit ihrer üppigen Pracht eine Meisterin des Burlesque-Tanzes ist und Tulip Art Project, die sich der ausgefallenen Präsentation in Licht und Bild verschrieben haben.

Als besonderes Schmankerl produziert Mitveranstalter Emanuelle Hubaut übrigens noch eine gleichnamige CD-Compilation mit allen Protagonisten zum Festival, die auf zwei namenhaften Labels in Deutschland und Frankreich zum Jahresende erscheinen wird.