Konzertbericht

The Specials

The Specials

München / Backstage Werk
21.09.2011

Die Erwartungshaltung stand den Zuschauern ins Gesicht geschrieben, leichtes Zucken hier, verwirtes gucken dort, die Finger immer irgendwo im Gesicht. Positive Nervosität quer durch die Schwitzhütte. The Specials waren in the Town und da zugleich das Oktoberfest rockte, waren nicht nur einheimische vor Ort, sondern auch internationales Ska Publikum. Wo ist denn die Vorgruppe, fragten sich einige. Gibt es heut nicht, das was da jetzt kommt muß reichen, punkt. Gefühlte Ewigkeiten ist es her, wo The Specials die Clubs in Europa bereisten. Zwei Wochen vorher war auch das Backstage in München bis auf den letzten Stehplatz ausverkauft. Panik breitete sich aus, da doch einige Herrschaften dachten, des wird scho. Doch Internet sei Dank, die Resterampe blühte, so daß dann doch auch alle die wollten auch konnten.

Die älteren Herren und Damen freuten sich wie an einem Kindergeburtstag. Erinnerungen kamen hoch, der alte Roller im Kopf, die Docs auf Hochglanz poliert und das Fred Perry Shirt frisch gebügelt. Gänsehaut Feeling gabs beim Einlauf der Ska Boliden. Punkt 21.00 Uhr fiel der schwarz-weiße Vorhang und die aufgebauten Spannungen verflogen im Nu. Pure Euphorie, keine Floskeln aus der Vergangenheit und die reine Freude auf eine Band, die den 80er Jahre Ska geprägt hat wie keine andere. Das Specials Banner erleuchtete in grünen Scheinwerferlicht. Neville Staple heizte der Meute richtig ein, bevor Terry Hall mit "Do the Dog" schon mal klar stellte, wer der Herr im Ring ist. Viele wollten einfach nochmal den Ska Spirit in sich spüren und The Specials leibhaftig fühlen. Der Funke sprang von der ersten Sekunde über, was sollte auch passieren. Mimik und Gestik sind nicht die Stärken von Terry Hall, aber Charisma. Vergeblich sucht man im Internet nach einem Foto wo der Sänger die Mundwinkel oben hat. So knallte er uns auch gleich am Anfang "Dawning of a New Era" um die Ohren, mit besten Gewissen um die Popularität des Songs. Rhytmische Langeweile kam so erst gar nicht auf, und jeder der jetzt noch in Starre verharrte, war selber schuld.

Der Hopfentee war schon lange leer, Zeit zum holen war keine da. Keine Sekunde wollte ich den Bedienungen hinter der Theke schenken, sondern meine volle Aufmerksamkeit und Energie dieser außergewöhnlichen Band schenken. Das ganze Portfolio wurde abgerufen, die Songs haben nicht ansatzweise an Attraktivität und Glanz verloren. Den "Monkey Man" einmal live und in Orginalbesetzung zu hören und zu tanzen gleicht einen Glücksgefühl. Die gute Laune vom Rest der Band steckte zunehmend an und der Schweiß lief und lief. Die Musiker hatten zwischenzeitlich auch von der Blocksauna Atmosphäre mitbekommen und verteilten ab und an kleine Wasserflaschen. Im letzten Drittel des Konzerts war auch der letzte Rest Sauerstoff weg und ich hatte so meine Probleme "A Message to you" einigermaßen mitzuträllern. Aber es ergab sich immer wieder die Möglichkeit der kurzen Auszeit, da The Specials auch weniger bekannte Songs von B-Singles dem Publikum zum Besten gaben. 23 Kultsongs mit gesellschaftlichen Charakter, die nie radikal waren und absolute Haltung bewahren. Das Publikum trieb die Engländer noch zweimal auf die Bühne, und sie kamen gerne zurück, aber sie sind halt auch nicht mehr die jüngsten und so hatte ein legendärer Abend seinen verdienten Abschluß mit "Ghost Town" und "You are wondering now" gefunden.

Oliver Zitzmann, 23.09.2011

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