Konzertbericht

Jeffrey Lewis - Happy Birthday

Jeffrey Lewis

Misty's Big Adventure

Happy Birthday

The Bongo Club, Edinburgh, Schottland
20.11.2006

Das kann ja heiter werden: An der Eingangstür des Edinburgher Bongo Club’s heißt es um 20.30 Uhr, als es eigentlich bereits losgehen soll, dass man noch nicht fertig sei mit dem Aufbauen. Man möge bitte in den nächstgelegen Pub gehen, der leider gar nicht so nächst, sondern eher fern ist. Was nicht weiter schlimm wäre, wäre das Wetter nicht ausgesprochen schottisch an diesem Novemberabend...

Aber dann, nach kurzer Wartezeit und einem Erfrischungs-Pint kann die Geburtstagsparty starten, und was für eine! Jeffrey Lewis wird heute 33!

Der Abend beginnt mit der völlig unbekannten Band “Kate Goes”, oder besser “Kate Goes…“. Bei jedem Auftritt der Band, so bekommt man von Kate, der Frontfrau, erklärt, gehe Kate woanders hin. Was heute bedeute: „Kate Goes To The Beach“, wozu die zahlreichen Bandmitglieder passender Weise Bademode inklusive Taucherbrille und Schnorchel auf dem Kopf tragen. Die Musik: Poppig im besten Sinne, ideen- und instrumentenreich (Trompete, Piano, Saxophon), manchmal belleandsebastianartig und gutelaunemachend allemal. Das Lächeln bekommt während des kompletten Auftrittes weder die Band, noch das Publikum aus dem Gesicht. Einzig Jeff Lewis himself ist noch etwas in sich gekehrt, steht er doch alleine in der ersten Reihe, um seine Setlist (in dreifacher Ausfertigung) auf kleine Zettel zu kritzeln.

Nach „Kate Goes…” dann also, komischer Weise, Jeffrey Lewis! Eigentlich dachte man, er sei der Hauptact des Abends. Am Bass übrigens sein Bruder Jack, an den Drums Dave Beauchamp. Happy birthday, erstmal!

Lewis macht sich zu Beginn, a capella, über die „strange british economy“ lustig, in der man mit Pounds (sic!) zahle; zeigt dann sein berühmtes home-made Video vom „Creeping Brain“ - diesmal nicht in seinem überdimensionalen Comic-Heft, sondern per Beamer und I-Book an die Wand geworfen; und beweist im fantastischen „Williamsburg Will Oldham Horror“ mal wieder, wie viele Worte in einen Song passen können.

Und dann scheint es, wolle er Sufjan Stevens und Ryan Adams Konkurrenz machen. (Der Eine nimmt bekanntlich jeweils ein Album á US-Bundesstaat auf, der andere veröffentlichte zuletzt die unglaubliche Anzahl von NEUN Alben gleichzeitig auf seiner Homepage.) Jeffrey Lewis also hat sich zum Ziel gesetzt, die komplette Geschichte des Kommunismus zu vertonen! Und das Ganze zusätzlich mit Comic-Zeichnungen darzustellen! Nachdem er zuletzt noch, vor zwei Monaten, auf seinem Konzert in New York, lediglich 2 Minuten des Songs spielen konnte, da er noch nicht weitergekommen sei, mit Songwriting und Comiczeichnerei, spielt er heute Abend immerhin ca. acht Minuten, und begeistert restlos. Nicht nur informativ, das, sondern auch unterhaltsam. Dürfte aber dennoch ein ziemlich langer Marsch werden!

Zum Abschluss des Abends, als man schon eigentlich gar nichts mehr erwartet, weil man glaubt, das Beste bereits gesehen/gehört zu haben: Misty’s Big Adventure. Britisch, ebenfalls vielköpfig, und mit einem Frontmann, Grandmaster Gareth, dessen Bühnenpräsenz seines Gleichen sucht. Er mutet an wie eine Mischung aus Adam Greens älterem Bruder, Art Brut’s Eddie Argos und Jack White.

Ein Grund für das zu Recht begeistert tanzende Publikum - neben dem tollen, ansatzmäßig ska-infizierten Pop – ist der so genannte Erotic Volvo, der, verkleidet in einem roten Sack, an dem unzählige blaue Hände haften, Keith-Flint-mäßig den Anheizer spielt. In der ersten Reihe verliert die „Jeff Lewis Band“ jegliche Hemmungen, und spätestens, als sie auf die Bühne geholt wird, um gemeinsam ein Geburtstagsständchen zu trällern, kocht der Saal.

Über Grandmaster Gareth wird man später noch erfahren, dass bereits John Peel ihn „the new god“ nannte; und das neue, noch nicht erschienene Jeffrey Lewis-Album von ihm produziert wurde.

Ein großartiger Abend… Glückwunsch, nachträglich!

Daniel Höfelmann23.11.2006

TRACKLIST

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