Konzertbericht
Don Broco
Merge, The One Hundred
Kreischalarm bei Don Broco
München, Strom
16.10.2016
Passanten bietet sich an diesem Sonntagabend in München ein seltsames Bild: Dutzende junge Mädchen kampieren vor den Hallen des „Strom“. Voll überschwänglicher Vorfreude werden Songs der britischen Newcomer Don Broco angestimmt, die hier an diesem Abend auftreten.
Don Who? Für den größten Bekanntheitsschub Don Brocos dürfte die Tatsache gesorgt haben, dass sie die Pop-Jungs von Five Seconds of Summer als Vorband in Deutschland begleiten durften. Dadurch warten vor dem „Strom“ vor allem sehr junge Fans. Auch einige Eltern sind als Aufsicht mit dabei und schauen etwas irritiert auf die lange Schlange vor ihnen.
Erst gegen 20.45 Uhr öffnen sich die Tore des „Strom“. Der lange Soundcheck hat sich jedoch gelohnt, Merge aus Frankreich bieten als erste Vorband eine tolle Performance ihres Alternative-Rocks mit Synthie-Einflüssen. Der Sound ist erstklassig und die Zuhörer gehen sofort mit: Die vorderen Reihen springen ohne Pause zur Musik. Sänger Max ist allerdings was die Ortskenntnis angeht nicht ganz auf der Höhe: „Nürnberg, are you ready?“, ruft er laut dem Münchner Publikum zu. Lässig übergeht er seinen Fehler und die Zuschauer sind eher belustigt, als verärgert.
Die Londoner von The One Hundred bringen im Anschluss eine Spur mehr Härte auf die Bühne. Ein rappender und shoutender Sänger mit Baseballcap, Breakdowns und Metalriffs – nicht nur optisch bieten sich Vergleiche zu Limp Bizkit an. Vergleicht man allerdings deren letzte Musikversuche mit den Songs von The One Hundred, so schneiden letztere deutlich besser ab. Sänger Jacob Fields eigenwilliger Tanzstil lässt die Emotionen im Raum schnell hochkochen. Einige Don Broco-Fans wirken allerdings irritiert, da sie derartige Metal-Salven auf einem Don Broco-Konzert wohl nicht erwartet hatten - kein Wunder, wenn man der Band bislang nur als Vorband von Five Seconds of Summer begegnete. In England touren Don Broco mit Bring Me The Horizon und Enter Shikari – eine deutlich andere musikalische Richtung.
Unter ohrenbetäubendem Kreischen betreten Don Broco im Anschluss die Bühne. Die eröffnenden Klänge der neuen Single „Everybody“ maximieren den Kreischfaktor beträchtlich. Dann geht es Schlag auf Schlag – ohne große Verschnaufpausen rocken sich die Briten durch die Setlist. „What you do to me“, “Hold on” und „Fire“ werden abgefeiert und vom textsicheren Publikum mitgesungen. Hier wird deutlich, wie grandios sich die Songs des neuen Albums „Automatic“ mit ihren eingängigen Refrains für große Zuschauermassen eignen. Sänger Rob Damiani erinnert sich daran, dass die Band bereits vor vier Jahren im Münchner „Strom“ spielte. „We played in front of...maybe ten people back then. So thank you very much for coming tonight!“
Geschickt schafft die Band den Spagat zwischen alten Stücken und “Automatic”-Songs. Die außergewöhnliche Mischung aus Pop- und Alternative-Rock, Soul und Funk wird vor allem dominiert von der einzigartigen Stimme Rob Damianis. Wenn der charismatische Sänger seinen Mund aufreißt, dann hat das die Dimensionen eines Thomas Müller-Mundes – nur dass deutlich angenehmere Töne daraus hervorkommen. Das rockende „Priorities“ trifft auf das poppige „Automatic” und bei beiden Songs zeigt die Band ihre musikalische Reife. Keiner der Songs klingt eins zu eins wie auf dem Album, stattdessen variieren die Briten ihre Stücke gekonnt.
Gegen 23.45 Uhr geht im Strom das Licht an. Zuvor hatten “Superlove” und “Money Power Fame” als Zugaben einen begeisternden Konzertabend beendet. Man muss kein Hellseher sein um vorherzusagen, dass dies wohl die letzte Tour Don Brocos durch die kleinen Clubs gewesen sein wird. Don Who? Broco Motherfucker!
Michael Hellstern, 18.10.2016
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