Konzertbericht
Hawthorne Heights
Versus You
10 Jahre nach dem Durchbruch
Zwölfzehn, Stuttgart
25.04.2014
„Hallo Stuttgart, wir spielen noch 84 Songs!“ Gespenstische Stille macht sich im Stuttgarter Zwölfzehn breit. „Meint der das etwa ernst?“, scheint auf vielen Gesichtern zu stehen. Da gleitet ein schelmisches Grinsen über das Gesicht von Versus You-Sänger Eric Rosenfeld: „Nee, das war nur ein Spaß. Niemand glaubt mir das auf Tour…“ Schon steht der nächste Song in den Startlöchern.
An diesem Freitagabend stehen zunächst Versus You aus Luxemburg auf der Bühne. Vollgas ist angesagt, denn der melodische Punk-Rock mit Pop-Einfluss geht voll auf die Zwölf. Songs wie „It All Goes Down“ oder die Erfolgssingle „Be Better Than Me“ haben gerade durch die herausragende Livepräsenz des Vierers absolutes Ohrwurmpotenzial. Mit „Moving On“ veröffentlichten Versus You in diesem Jahr ihr neues Album, das durchweg handwerklich einwandfreie Songs mit ehrlichen Texten und einigen Highlights bietet. Trotz der hohen Qualität der Musik lässt sich das verhaltene Stuttgarter Publikum aber leider nicht zum Pogen verführen.
Gegen 21 Uhr betreten die Hawthorne Heights die Bühne. Die 2001 gegründete Band feiert dieses Jahr das zehnjährige Jubiläum ihres sensationellen Debütalbums „The Silence In Black And White“, das die Band innerhalb kürzester Zeit zu den Vorreitern der amerikanischen Post-Hardcore-Szene werden ließ. 10 Jahre später scheint der Hype der großen emotionalen Welle spürbar abgeflacht zu sein, echter Hardcore oder Pop-Core à la A Day To Remember regiert nun die iPods - was auch am nur halbvollen Zwölfzehn zu sehen ist.
Die vergangenen 10 Jahre sind an den Hawthorne Heights nicht spurlos vorüber gegangen. Nach dem plötzlichen Tod von Shouter Casey Calvert im Jahr 2007 wollte die Band den Verstorbenen nicht durch ein neues Bandmitglied ersetzen – und in Zukunft komplett auf Shouts verzichten. Die Neuerfindung scheiterte und mit der Zeit übernahm doch Lead-Gitarrist Micah Carli die Shoutparts. Hervorstechend am Sound der Hawthorne Heights sind die breiten, eingängigen Gitarrenwände, bestehend aus drei Gitarren, die auf dieser Tour durch das neue Bandmitglied Mark McMillon ergänzt werden. Auch hier war die Band lange entschlossen gewesen, als Vierer weiterzumachen und den Platz von Casey Calvert nicht wieder neu zu vergeben.
Die Hawthorne Heights beginnen mit “Life On Standby”, dem ersten Track von „The Silence In Black And White“. Treibend und energievoll sind die Gitarren, punktgenau sitzen die Shouts. Allerdings ist vom Gesang von JT Woodruff auf Grund des schlecht gemischten Sounds im Club nur wenig zu verstehen, was sich das ganze Konzert über kaum bessert. Schon bei Versus You hatte der clubeigene Mann am Mischpult einen denkbar schlechten Job gemacht.
Hinter dem Fünfer liegt eine ewig erscheinende Autofahrt aus Berlin mit fünf Stunden im Stau – beunruhigende Urinerlebnisse abseits der Autobahn inklusive: „Free piss, that’s all I request“, meint JT Woodruff lachend in der Erinnerung über die zahlreichen Toilettenbesucher am Straßenrand. Damit und mit einigen weiteren Anekdoten beweist er einen Humor, den man der Band wegen ihrer melancholischen und düsteren Texte kaum zutrauen würde. Da spritzt vor Herz-Schmerz schon mal buchstäblich Blut, wie in Songs à la „Wake Up Call“ und „Ohio Is For Lovers“ zu hören. Dazu passend sind die Wände des Clubs in dunklem Rot gehalten, was den Songs noch mehr Atmosphäre verleiht. Während die Band in Amerika immer noch größte Hallen mühelos ausverkauft, kann sie auch der kleinen Kulisse in Deutschland etwas abgewinnen und spielt sich souverän durch ihre Setlist, auf der zunächst das komplette Album „The Silence In Black And White“ steht. Die Idee ein ganzes Album durchzuspielen hat sicher seinen Reiz, doch trotzdem wäre es wohl besser gewesen, einige der Nummern zur Abwechslung als Akustiksong zu präsentieren. Da das Album 2014 als Re-Release im Akustikgewand neu erscheint, hätte sich dies angeboten.
Danach folgen mit „Somewhere In Between“, „This Is Who We Are“ und „Saying Sorry“ noch drei Songs von anderen Alben der Bandgeschichte. Auf der geplanten Setlist für die Europa-Tour wären für diesen Abend eigentlich noch bis zu sieben weitere Songs gestanden. Leider müssen die Hawthorne Heights aber den Club schon kurz nach 22 Uhr verlassen, weil im Zwölfzehn später noch eine Clubnight geplant ist. So bleiben insgesamt nur 14 Songs auf der kurzen Setlist der Hawthorne Heights, die Stuttgart ohne Zugabe verlassen.
Als Fazit bleibt eine herausragende Performance der Vorband Versus You und ein souveränes, energievolles, aber leider sehr kurzes Konzert der Hawthorne Heights. Es müssen ja nicht immer 84 Songs sein.
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Michael Hellstern, 28.04.2014
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