Interview

THE TOY DOLLS auf Abschiedstour 04

THE TOY DOLLS auf Abschiedstour 04

THE TOY DOLLS „Our last Album Tour 2004“ HH-Fabrik 18.Oktober 04

FUNPUNK oder doch nur PUNKGEKASPERE? Eine der bedeutendsten Punkbands unserer Zeit, auf Abschiedstour. Frontmann und Kopf der Band OLGA im Gespräch mit N. Robin Kruska

Es ist immer so ein seltsames Gefühl, wenn Legenden sich die Ehre geben und zur letzten Tour aufraffen. Bei einigen stehen finanzielle Interessen so sehr im Mittelpunkt, dass man
sich fragt worum es hier geht, Musik oder Kohle? Haben sich KISS wiederzusammengefunden, um neue Lieder zu komponieren und kreativ zu sein, oder ging es Ihnen bei ihrer letzten US-Tour doch auch noch ein bisschen ums Kohlemachen? Denke eher letzteres. Als Musiker mit großem Erfolg sollte man erkennen, wann es Zeit ist Good-Bye zu sagen. Wirkliche Größe zeigt sich in eben diesem Punkt. Wir müssen nicht einmal in diese Megadimension KISS gehen. Kommen wir zu den TOY DOLLS. Gründungsmitglied OLGA beschreibt diesen Moment der Erkenntnis „jetzt ist es ok zu gehen“ im Laufe des Interviews sehr prägnant und deutlich. Das Level, welches erreicht ist, stellt das Ideal da. Deswegen ist es ok in guter Erinnerung zu bleiben, als weggewünscht zu gehen. OLGA nimmt sich für uns Zeit und erklärt noch offene Fragen in einer vorbildlichen Ehrlichkeit. Ein paar Stunden später steht er mit seinen beiden Mitstreitern auf der Bühne der Hamburger Fabrik und verabschiedet sich vor vollem Haus vom deutschen Publikum mit einigen Höhepunkten aus dem Fundus der TOY DOLLS Lieder. Supportband MONTREAL machen das Beste aus einer hoffnungslosen Situation. Für die TOY DOLLS zu eröffnen, auch wenn es vor heimischen Publikum ist, geht nicht wirklich gut. Das ist so dankbar, wie für die ROLLING STONES als Opener zu agieren, das ist schon ganz anderen nicht geglückt. Was bleibt sind die lustigen Verarschungen von MONTREAL, so kann man auch mit dem Publikum umgehen, ohne sich beschimpfen lassen zu müssen. Kurz vor der Show jedoch sprach ich mit OLGA im Backstagebereich der FABRIK.

Gegründet haben sich die TOY DOLLS im Oktober des Jahre 1979, mit Pete Zulu am Gesang, du an der Gitarre, Flip am Bass und Mr.Scott an den Drums. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

„Ich erinnere mich mehr an diese Zeit, als an jede andere Zeit. Es gab nur ein paar Shows, aber es waren die wichtigsten Shows unserer Karriere. Es gab da keine richtige Tour mit 50 Shows und ein paar Pausen zwischendurch, oder so. Man erinnert sich an die Freundinnen, die man hatte in der Zeit. Am meisten erinnere ich mich daran, dass es sehr schwer war Shows zu bekommen und Pete Zulu konnte nicht besonders gut singen, aber ich war sogar noch schlechter. Unsere erste Show spielten wir im Millview Social Club in Essex, eine komplett andere Show, als heute Abend. In Nord-England gelegen haben wir viele “working man pubs“, die von Bands erwarten nur Coverversionen zu spielen. Die darfst keine eigenen Stücke spielen. Wenn du das doch tust, wollen sie nichts von dir wissen. Also war es wirklich schwer für uns, darein zu kommen. Du musst zwei Sets á einer Stunde spielen spielen, wir hatten aber nur zwölf Songs, „Tommys Cowey´s car“ spielten wir fünf Mal an diesem Abend. Niemand hat das gemerkt, weil die uns eh nicht wirklich interessiert wahrgenommen haben. Das hatte so etwas wie einen Hochzeitsfest-Charakter. „Entertainment in the Background“.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir auf Tour waren als Supportact on Tour waren und wir uns mit dem Regenwasser des Tourbusses, welches durchgeregnet auf dem Boden war, rasiert haben. Heutzutage sieht das alles ganz anders aus, wie haben luxuriöse Hotelzimmer und es scheint, als hätten wir so starten müssen, um all das jetzige richtig genießen zu können. Ich bin total zufrieden und überrascht mit diesem Level von heute.“

Ihr seit mit dem Titel als Vorbild für FUNPUNK Bands historisch. Bist du mit diesem Aufkleber, auf der Schublade für euere Band, zufrieden?

„Ich hasse diesen Vergleich und den Titel erst recht. FUNPUNK hört sich so komödiantisch an. Wir machen TOY DOLLS Musik und kein Kabarett Programm, da gibt es einen bedeutenden Unterschied. Es macht Spaß, mit der Band zu lachen und nicht über die Band. Was uns von den Anderen unterscheidet ist das wir nicht jedes Jahr touren und nicht jedes Jahr Alben veröffentlicht haben. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach aber die Shows und erst an zweiter Stelle die Cd´s. Die Tour ist nicht da, um das Album zu unterstützen, das Album sollte die Tour unterstützen und nicht andersherum.“


Erzähl uns was über die Leute die mit dir auf der Bühne stehen.

„Dave the Nut, heißt der Schlagzeuger. Ich kenne ihn ziemlich genau seit 10 Jahren, aber wir haben bis zu den Proben für unser letztes Album in diesem Jahr und dieser Tour noch nie miteinander musiziert. Tommy Gobo, unser Bassist, war mein Bass-Roadie auf der letzten DICKIES Tour, letztes Jahr. Beides wirklich nette Jungs. Gute Musiker und gute Freunde, diese Kombination ist das, was ich immer wollte bei der letzten Tour.“

Euer aktuelles Album heißt „Our last album“. Das kann doch nicht euere ernste Absicht sein, oder?
„Doch, mit einer 99%tigen Sicherheit ist das so. Letzten Endes sieht es so aus, dass alles ´mal ein Ende haben muss. Lieber aufhören, wenn alles sehr gut läuft und die Leute uns gerne noch länger haben würden, als wenn man von dem Publikum von der Bühne gepfiffen wird und alles einen peinlichen Charakter bekommt. Sicherlich ist es hart und schwer für uns das Kapitel TOY DOLLS abzuschliessen, aber alles muss irgendwann aus den genannten Gründen zu Ende gehen. Es ist am Besten auf einem hohen Live- und Studioniveau aufzuhören, als andersherum. Das ist wie mit einem Fußballspieler oder einem Tennissportler, die hören auch zu einem bestimmten Zeitpunkt auf. Ein Billiardspieler hingegen kann bis er 90 ist aktiv sein, weil er eine Sportart betreibt, die weniger Energie verlangt. Wir sind immer voller Energie und Bewegung aufgetreten. Daher ist jetzt Schluss, denn ich will nicht mehr und mehr alles herunterfahren, sondern das Level für diese Tour so hoch wie möglich halten.“

Wie sehen dann deine Zukunftspläne aus?

„Ich werde ein bisschen Schauspielern und hatte in Fernsehwerbespots schon meine ersten Einsätze. Zuerst werde ich noch das TOY DOLLS-Ding ein weiteres Jahr fortführen. Festivals und so weiter. Grundlegend bin ich ein Bassist und ich wollte immer Bass spielen.
Ich wollte nicht wirklich singen und Gitarre spielen, dass siehst du an dem Beispiel THE DICKIES, bei denen ich Bass spiele. Unseren Fans, die uns jahrelang die Treue gehalten haben danke ich, im Namen der anderen Bandmitglieder für eueren Support.“

THE TOY DOLLS unterscheidet ein wichtiger Punkt, von dem was andere Bands vor Clubshows so von sich geben. Authenzität, sowieso, Ehrlichkeit, ja auch, ich meine jedoch die Fähigkeit zu unterhalten, sowohl visuell als musikalisch. Als ich dann nach fast 2 Stunden
Zufrieden die Halle verlasse, fühle ich mich alles andere als wie wenn ich von einer Beerdigung käme, grundlegend war es aber nichts anderes.
THE TOY DOLLS 1979-2004
Rest in peace
nrk

Nils Robin Kruska03.11.2004

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