Interview
The Toulouse
Wenn Musik nicht innovativ ist, dann hat sie keine Berechtigung
Die Berliner Indie-Rock Band “The Toulouse” luden am 30.4.08 in den Studentenclub “Kiste” nach Magdeburg ein. In gemütlicher Clubatmosphäre fetzten Sascha, Marek, Chris, Christopher und Oskar gegen 22 Uhr den Saal und heizten den Besuchern kräftig ein. Zuvor stand die sympathische Band noch Rede und Antwort für Radio Bizarre.
Bizarre Radio: Wie ist der Bandname entstanden und wie habt ihr zusammengefunden?
Sascha: Der Name kommt daher, dass die Frau, mit der ich damals zusammen war, nach Toulouse
gegangen ist und die Beziehung daran zerbrochen ist. Dann habe ich angefangen, Song zu schreiben, weil ich so traurig war. Das hilft ja manchmal, wenn man traurig ist. Dass hat dann auch geholfen und nachdem ich das eine Weile allein gemacht habe, kam irgendwann Christian als erster dazu, dann kam Christopher, dann der Oskar und schließlich der Marek.
Marek: Als meine Freundin mich verlassen hat, kam ich dann dazu. *lacht*
S: Genau. Und jetzt schreibt Marek auch Texte.
BR: Also schreibt ihr beide Songs für die Band?
S: Im Moment ist es so, dass ich noch allein Texte schreibe. Was sich im Verlauf noch so ergibt, werden wir noch sehen.
BR: Wer ist für die Melodien verantwortlich? Trägt jeder seinen Teil bei?
Chris: Sascha bringt die Songkonzepte an, die er den anderen Bandmitgliedern als Akustikversion per E-Mail schickt, der Prozess ist also sehr kommunikativ. Im Proberaum setzen wir uns dann alle zusammen und überlegen, was man daraus machen kann. Im positiven Sinne. Und dadurch wird das dann in den Bandkontext transferiert. Selbst wenn die Songs akustisch funktionieren, würden sie noch anders klingen als jetzt auf der Bühne in Magdeburg. Wir sind immer bemüht, überall wo wir auftreten, die Show und unsere Musik so spektakulär und individuell wie möglich zu gestalten, das ist uns das Wichtigste.
BR: Zu welchem Teil ist euer Leben durch die Musik bestimmt?
Christopher: 98,67 %. Also auf jeden Fall einen großen Teil, wir sind jetzt auch viel auf Tour und klar macht man auch noch andere Sachen, wie studieren und hier und da ein bisschen körperliche Fitness und leben, aber ich lebe beispielsweise für die Musik.
S: Ich schließe mich da an, 98,6 %, manchmal ein bisschen mehr, manchmal ein bisschen weniger, man darf nicht vergessen, zwischen auch mal zu leben. Das was wir hier machen, ist ja auch eine Kombination aus leben und Spaß haben. Und manchmal setzt man auch mal seine Gesundheit aufs Spiel und geht, so wie ich heute, mit einer fiesen Erkältung auf die Bühne.
Chris: Bei mir ist das vielleicht noch extremer als bei den anderen aus der Band, weil ich eigentlich alles was ich mache, für die Musik mache. Also wir haben alle noch andere Dinge nebenher zu tun aber sind gedanklich immer bei der Musik und dem was wir machen wollen
M: Ich studiere auch noch, Landschaftsplanung, und ich schreibe gerade meine Diplomarbeit und hoffe, dass ich bald fertig bin, und dass ich dann noch genauso viel Zeit für Musik habe, wie jetzt.
O: Marek hat dann vor, die Sahara in eine riesig große Oase zu verwandeln und die ganzen hungernden Kinder mit Datteln zu versorgen
M: Oskar, falls ich mal Hilfe brauchen sollte, werde ich dich nicht engagieren. *lacht* Außerdem sind das Feigen.
BR: Spielen ökologische Gedanken eine größere Rolle in der Band?
S: Nein, eigentlich nicht.
O: Nein.
M: Eigentlich nur für mich. Ich bin der grüne Daumen der Band.
BR: Wie äußert sich das bei dir?
M: Nicht großartig, ich vergesse sogar manchmal, den Müll zu trennen. Aber ich fahre viel Fahrrad, das entlastet die Umwelt schon mal sehr.
Chris: Für Leute, die Musik fast hauptsächlich betreiben, ist es fast schon Mittel zum Zweck auch wenn es sich krass anhört aber es gibt, wenn man richtig in einen Beruf eingebunden ist, sehr wenig Zeit, sich wirklich intensiv mit der Musik zu befassen. So wie ich das jetzt kann oder wie das die anderen auch können. Als Student hat man Semesterferien oder man kann sich seine Stunden so legen, wie man es gerade braucht und wenn man mal nicht da ist, ist das auch okay. Es kommt eben auch immer darauf an, wo man seine Prioritäten hat.
BR: Ihr verfolgt mit eurer Musik auch ein bestimmtes Ziel, was möchtet ihr, das der Hörer mitnimmt, wenn er eine CD von euch hört oder von einem eurer Konzerte nach Haus geht?
S: Am Ende des Tunnels ist immer ein Licht und darauf steht in großen Lettern „THE TOULOUSE“!
Chris: Der Spaßfaktor ist uns wichtig. Es kommt auch immer darauf an, wie man sich darbietet auf der Bühne, wenn man auf der Bühne steht und keinen Spaß rüberbringt, dann machst du ja einen ganz anderen Eindruck, als jemand, der sich inszeniert. Ein Zwischending zählt, glaub ich.
RB: Gibt es eine Eigenschaft, die ihr an einer Band bemägelnswert findet?
Chris: Aus irgendeinem Grund, macht jeder Musik und Geschmäcker sind verschieden, von daher wäre es unpassend, Bands zu denunzieren. Jede Band, die in der Lage ist, für die eigene Musik etwas zu leisten und dafür gerade zu stehen, finde ich erwähnenswert. Am schlimmsten sind aber Bands, die nicht authentisch wirken und meinen, sie wären die Größten, obwohl sie nur ein kleines Licht sind.
BR: Wie entdeckt ihr neue Musik?
Chris: Mir ist zum Beispiel wichtig, dass ich Musik überall hören kann, ich suche nicht aktiv nach neuer Musik, sondern lasse auf mich zukommen. Das würde ich jedem empfehlen. Wenn mir jemand aus dem Freundeskreis eine Band empfiehlt, dann höre ich sie mir beispielsweise gern an.
M: Mund-zu-Mund-Propaganda ist eine wichtige Methode geworden, um Musik zu entdecken. Wenn mir jemand einen Band empfiehlt, von dem ich weiß, dass er einen guten Musikgeschmack hat, dann höre ich mir die Musik auch gern an. Und dann entscheiden es gleich die ersten Sekunden, ob mir ein Song gefällt oder nicht.
Chris: Wir wollen eben länger Musik machen und dann darf man auch keine Scheu haben, zum Beispiel Menschen über Plattformen wie MySpace anzuschreiben, um die eigene Band zu pushen. Wenn drei Leute, deine Musik mögen, gehen die wieder zu drei anderen Leuten, die das vielleicht auch gut finden und so kann man versuchen, einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erlangen, um irgendwann sagen zu können, dass sich Musik machen lohnt, um vielleicht sogar irgendwann hauptberuflich Musik machen zu können. Welche Band träumt nicht davon, Musik frei von finanziellen Nöten zu betreiben? Und dann würdige ich die Bands, die ich mag dadurch, dass ich zu den Konzerten gehe und mir deren CDs kaufe.
BR: Wann wäre für euch Schluss damit, Musik zu machen?
Chris: Also da müsste man einen Grund finden, warum man aufhören sollte und da will mir gerade keiner einfallen.
S: Selbst wenn man sich irgendwann entscheiden würde, den bürgerlichen Weg zu gehen, den sichereren Weg, würde man wohl trotzdem als Musiker immer noch den Hang dazu haben, Songs zu schreiben und Musik zu machen. Ich denke, das versiegt nie, wenn man einmal den Spaß daran entdecken durfte.
RB: Wie denkt ihr über Bands, die schon sehr lange im Musikbusiness tätig sind, und sich auf einmal wieder zusammenschließen und wieder Musik machen?
M: Ich denke, das ist das tollste für einen Musiker, wenn er noch nach vielen Jahren Musik machen darf.
Chris: Kritisierenswert wären einzig und allein die Bands, die mal erfolgreich waren, sich getrennt haben und nur aus finanziellen Gründen wieder kommen und dann auch erfolgreich sind. Da kann man sich die Frage stellen, ob man es diesen Bands, trotz ihrer Beweggründe, gönnt. Es gibt ja Bands, die sagen direkt, sie machen Musik nur für's Geld. „The Who“ haben sich wieder vereint und haben in Interviews gesagt, dass sie rein finanzielle Gründe hatten. Außerdem ist das auch nichts für “neue” Leute, sondern eher für Leute, die darauf warten, dass die Bands wieder spielen, also eher für richtige Fans. Aber ich bin auch der Meinung, dass wenn Musik nicht innovativ ist, sie keine Berechtigung hat.
BR: Möchtet ihr denn was loswerden, das euch am Herzen liegt und das ihr unbedingt an den Mann oder die Frau bringen möchtet?
Chris: Ja! Nämlich, dass man auf www.thetoulouse.de die neuesten Konzertdaten abfragen kann. Wir haben gespielt und wir werden viel im Raum Sachsen spielen und laden hiermit gern jeden ein, vorbeizukommen, sich die Show anzusehen und mit uns zu feiern. Wir freuen uns über jedes Feedback!
Conny König, 06.05.2008
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