Interview
Ox
"Wäre es mir ums Geld gegangen, wäre ich Anwalt geworden"
Im Februar diesen Jahres veröffentlichte Ox sein Debütalbum "Dust Bowl Revival" schon zum zweiten Mal. Dieser Re-Release ist vor allem in Europa erhältlich, wo der Kanadier einen eher kleineren Bekanntheitsstatus genießt, der ihm aber ganz recht zu sein scheint. In diesem Interview stellt sich Marc Browning als ein Mann, der alles was er tut mit Ehrlichkeit und Leidenschaft macht, der Kommerz nicht ausstehen kann und der der Musik total verfallen ist, heraus.
JR: Wieso hast du dich Ox genannt?
Ox: Ich wollte, dass der Name der GRÖßTE auf dem monatlich erscheinenden Railway Club (Vancouver) Kalender ist! Also dachte ich mir den kleinstmöglichen Namen aus.
Eigentlich fiel mir der Name einfach ein und nutzte sich allmählich ab.
JR: Wann hast du zum ersten Mal darüber nachgedacht ein Musiker zu werden?
Ox: Ich habe eigentlich noch nie darüber nachgedacht. Es passierte einfach. Als ich ungefähr 20 Jahre alt war nahm ich mir ein paar Jahre frei um ein kleines Geschäft zu leiten. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir zum ersten Mal wirklich klar dass Musik mir nicht aus dem Kopf geht und so beschäftigte ich mich nach und nach wieder damit.
JR: Wie kann es sein, dass ein Mann der aus Kanada solch sonnige gleichzeitig aber auch melancholische Musik, die eher an sagen wir mal Kalifornien erinnert?
Ox: Kanada ist eben solch ein Ort: sonnig aber dennoch melancholisch. Ich denke das Leben in einem nördlichen Land erinnert einen ständig an verschiedene Übergangsstadien dieser Welt wie Frühling, Sommer und Herbst; wir können alles einmal im Jahr sterben sehen. Das muss einfach Einfluss auf unsere Musik nehmen, außerdem glaube ich, dass unsere Musik durch die ewig langen Fahrten in unserem Van inspiriert ist, vor allem wenn wir in Kanada auf Tour sind.
JR: Wie kreiert ihr eure Musik? Zuerst die Musik und dann die Texte?
Ox: Das passiert immer auf unterschiedliche Art und Weise- In der letzten Zeit fällt mir meistens ein Refrain ein während der Rest des Songs dann darum konstruiert wird.
JR: Mir ist aufgefallen, dass viele Songs auf "Dust Bowl Revival" von Heimweh und dem Gefühl weit weg zu sein handeln. Wieso?
Ox: Das geht wieder auf das ständige Touren zurück. Von 2000 an bis ungefähr 2006 hatte ich noch nicht einmal eine permanente Adresse, weil ich so oft unterwegs war. Ich war die ganze Zeit auf Tour, entweder in dem Van mit der Band oder in einem Bus. Manchmal verliebte ich mich aber auch, was mich eine Zeit lang von der Arbeit abhielt. Die Beziehungen gehen ihren Weg, dein Herz wird gebrochen und genau das verarbeitest du dann auf Tour. So entstand "Dust Bowl Revival" eigentlich auch.
JR: Ich finde deine Stimme wirklich gut. Hast du je Gesangsunterricht genommen?
Ox: Danke. Ich habe noch nie Gesangsstunden genommen. Ich sang einfach die ganze Zeit. In meiner Jugend war ich ein großer Queen Fan, eine Band, die meiner Meinung nach die Messlatte ziemlich hoch legt, wenn es um das Singen geht...Selbst der Drummer singt verdammt gut. Wenn man von den Shows jetzt aber mal absieht übe ich gar nicht. Ich bin überzeugt, dass der Gesang vor allem von Herzen kommen und ehrlich sein sollte. Und man muss Texte schreiben, die zu der eigenen Stimmlage passen. Ich gebe eigentlich einfach nur alles was ich fühle in einen großen Topf und spüre das was ich singe. Solange du das so tust kann nichts schief gehen.
JR: Hier in Europa ist Ox noch nicht so bekannt. Was macht eure Musik denn deiner Meinung nach aus?
Ox: Desto mehr wir touren und uns die ganze Musik da draußen anhören, desto mehr wird mir klar, dass der Weg von Ox anders sein wird als der von anderen Künstlern. Ich kann es nicht richtig beschreiben, geschweige denn sagen wo unser Weg uns hinführt, aber prinzipiell gibt es für uns keine Band, die wir so sehr lieben, dass wir sie nachahmen wollten. Ich denke dass Rock'n'roll über die Jahre hinweg kommerziell geworden ist. Musik hat sich zu einer vereinigten Industrie entwickelt und ich erinnere mich selbst immer daran, dass Musik so viel mehr als das ist. Es geht nicht um Geld im Rock'n'roll und es sollte dementsprechend auch keins geben. Ich wäre Anwalt oder Buchhalter geworden, wenn es mir ums Geld gegangen wäre. Wenn ich auf die Bühne trete, tue ich das um Erfahrungen zu sammeln und zu experimentieren- nicht um die Lieder perfekt zu singen. Es ist mir eigentlich wirklich egal, was irgendwelche A&R "Industrie" Typen (Mitarbeiter in der Redaktion eines Plattenlabels) über meine Musik sagen. Die können mich alle mal.
JR: Inwiefern nimmt deine Band Einfluss auf den Prozess der Songkomposition?
Ox: Wir komponieren zusammen. Die Arbeit an "Dust Bowl Revival" hat mir gezeigt, dass der eigentlich kreative Prozess im Studio auftritt, nicht zu Hause als ich die Songs schrieb. Wenn die Grundstruktur also entwickelt ist, wird der Song erst zum Leben erwacht, wenn 2-3 Leute im Studio an ihm arbeiten. Darum geht es beim Aufnehmen von Platten.
JR: Wie könnte sich Ox nach deiner Vorstellung in 10 Jahren anhören?
Ox: Um ehrlich zu sein müsste ich direkt aufhören, wenn ich das jetzt wüsste. Allerdings glaube ich, dass es immer Elemente von Ox geben wird, die sich niemals verändern werden, wie zum Beispiel das Gefühl und der Glaube, der hinter der Musik steht. Ich hoffe, dass der Sound von Ox immer an die Oberfläche kommt wenn wir als eine Einheit älter werden...Wie so ein verschwommenes Bild, dass immer klarer sichtbar wird.
JR: Als ich "Dust Bowl Revival" zum ersten Mal hörte, musste ich irgendwie an Jack Johnson denken. Obwohl deine Texte eher bodenständig und realistisch sind, ähnelt sich das Gefühl und die Harmonie, die deine Musik ausmacht. Siehst du das genauso?
Ox: Ich habe überhaupt keine Ahnung von Jack Johnsons Musik. Ich habe eine komische Art zu entscheiden welche Musik ich höre; ich suche mir einfach etwas aus und höre das dann wie verrückt bis ich es liebe...Mit Cat Power und den Flaming Lips war es zum Beispiel so, oder mit The nitty gritty dirt band, die ich sehr viel im Studio zu den Aufnahmen von "Dust Bowl Revival" hörte. Um meine Musik zu beschreiben gefällt mir das Wort realistisch sehr gut, ich denke nämlich, dass Texte nicht unbedingt clever sein müssen, sondern echt und ehrlich...Etwas Lyrik kommt in Texten zwar ganz gut, aber es muss immer ehrlich sein, sonst kommt nur Mist dabei heraus.
Ich finde deine Musik passt zu typisch Irischen Pubs, in die ein Publikum von höchstens 200 Leuten passt. Könntest du dir trotzdem vorstellen in den großen Arenen der Welt zu spielen?
Glaubst du, dass das gut für deine Musik wäre?
Wenn Ox auf der Bühne stehen, dann versuche ich mich darauf zu konzentrieren, was auf der Bühne passiert. Somit profitiere ich von dem Publikum eher zwischen den Songs- wenn sie darauf reagieren, reagiere ich. Wenn ich auf der Bühne stehe jage ich eigentlich verschiedene Sounds - ich wandele das, was in meinem Kopf ist in Gesang um. Das ist etwas sehr persönliches. Die Größe des Publikums spielt dabei keine Rolle für mich... Bei unseren besten Shows spielten wir für 3 Leute.
Julia Rebold, 26.03.2007
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