Interview
Wise Guys
Interview mit einem Wise Guy
Nachdem Daniel Dickopf, genannt Dän, vier Döschen Kaffesahne und zwei Stück Zucker in seinem Pappbecher des Türkentrankes versenkt hatte und Ferenc den Kopf zu Tür reinsteckte um festzustellen dass er getrost noch ne Viertelstunde Pause machen könnte, löcherten wir Dän mit mehr oder weniger interessanten Fragen.
BR: Erstmal ne technische Frage. Weißt du, wie viele CDs ihr bisher verkauft habt?
Dän: Jetzt von dem neuen Album meinst du, ne? Oder insgesamt?
BR: Egal. Wenn du weißt beides.
Dän: Ich kann dir ohnehin keine genauen Zahlen rausgeben, weil mich meine Plattenfirma dann lynchen würde, ich weiß sie auch nicht ganz genau. Tatsache ist, dass man heutzutage schon mit weniger verkauften Platten in die Charts kommt als früher. Die Alben mit denen wir jetzt Platz 13 waren, da wären wir wahrscheinlich vor 10 Jahren so auf Platz 80 gewesen schätz ich mal. Und... es sind noch keine Millionen. Auch alle zusammengenommen noch nicht.
BR: Schade.
BR: Welchen Preis hältst du für eine Musik-CD für gerechtfertigt?
Dän: Also ich hab jetzt immer wieder gehört, dass gerade diese Massen-CDs die von großen Konzernen produziert werden, dass die teilweise viel zu teuer sind. Von der Herstellung her könnte man die locker für zehn, zwölf Euro anbieten oder für acht. Ich weiß in unserem Fall, dass natürlich unsere Plattenfirma da auch Geld dran verdient und wir auch ein bisschen, wobei wir relativ wenig dran verdienen. Nur, wir produzieren die auch sehr teuer. Wir haben also sehr viel Studiozeit, wir haben nen Kreativblock vorher wo wir immer Songs schreiben und so, das alles kostet Geld und wir machen ein sehr aufwendiges Booklet. Also wir machen die höchste Seitenzahl von allen eigentlich. Auch in unserer Kategorie gibt’s keine Band, die so’n großes Booklet macht. Alle Texte sind drin, und dann immer ein sehr teures und aufwendiges Fotoshooting. Und das macht so’n Ding natürlich dann auch wieder teurer. Ich finde es ist ein Unterschied, ob nun Sony oder BMG oder wie sie heißen irgendiwe so ne Bravo Hits rausknallt, die Teenager kaufen sollen, und die kostet dann irgendwie 23 Euro oder 25 und die ist wirklich nur durch’s Presswerk gejagt. Da sind ein paar Lizenzen gezahlt worden an die Künstler und das war’s. Gemessen daran ist das jetzt bei uns wirklich schon Handarbeit.
BR: Wie lange seid ihr denn immer im Studio?
Dän: wenn man das mischen mit dazu nimmt, kann man gut drei Tage für ein Lied rechnen. Also mit dem Mischen. Dann kommst du natürlich bei 20 Songs auf zwei Monate. Wir selber im Studio sind dann davon aber nur einen Monat.
BR: Was bezeichnest du ganz persönlich als deine beste Komposition oder dein bestes Arrangement?
Dän: Ja, also ich denke „Du bist die Musik“ ist zumindest das komplizierteste gewesen was ich bisher gemacht hab. Ich bin auch immer noch ein kleines bisschen stolz geb ich zu auf „Wie kann es sein“, schon sehr sehr lange her die Nummer und die ist auch recht simpel vom Arrangement her, aber die mag ich immer noch gerne. Die singen wir zwar nicht mehr, zumindest im Moment nicht. Prinzipiell ist es so, dass es aber auch diverse ältere Sachen gibt von mir, die ich gar nicht mehr gut finde also die ich sogar teilweise ganz furchtbar finde. Ich hab also irgendwie Schwierigkeiten damit, die ersten CDs zu hören. Die ersten beiden kann ich mir wirklich gar nicht anhören und wenn ich mir alle Jubeljahre mal die „Alles im grünen Bereich“ und „Skandal“ anhöre und auch teilweise noch die „Ganz weit vorne“ sogar schon, da gibt es Songs drauf, wo ich wirklich ne Gänsehaut kriege also im negativen Sinne. Ich find das aber ein gutes Zeichen, weil dass auch zeigt, dass man sich ja weiterentwickeln und besser werden will. Man will ja nicht irgendwie immer das selbe machen.
BR: Ich glaube das ist jetzt ne Frage, die die Fans wahrscheinlich schon wieder stellen könnten: Wann kommt denn das nächste Album? „Wo der Pfeffer wächst“ kennen die Fans ja schon auswendig.
Dän: Ja genau. Das ist ja furchtbar. Also eigentlich super, aber das ist natürlich dann.. wenn man jetzt auf der Bühne steht und die Leute singen einfach alle Songs vom neuen Album von A-Z mit das ist schon Wahnsinn. Wir haben geplant, dass wir es im Mai nächsten Jahres rausbringen. Das geht jetzt eigentlich schon wieder langsam los mit’m Songwriting.
BR: Zum Tanzbrunnen dann praktisch?
Dän: Noch ein bisschen früher. Also geplant ist glaub ich der 8. Mai im Moment, das ist ein Montag.
BR: Und eine zweite DVD?
Dän: Genau. Die soll schon früher kommen. Wir haben die Spezialnacht in Düsseldorf gemacht, die ist sehr aufwendig gefilmt worden auch für die Leinwände und diese Aufnahmen sind ziemlich gut geworden deshalb werden wir das dann wahrscheinlich noch vor dem Sommer rausbringen.
BR: Wo siehst du euch denn in fünf Jahren?
Dän: Ne gute Frage. Ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren das selbe noch machen wie jetzt, dass wir auch immer noch Spaß dran haben und dass wir uns in jeder Hinsicht noch ein bisschen weiterentwickelt haben. Vor allem von der Qualität her auch, auch vom Spaß her und auch vom Erfolg aus. Das ist natürlich ne große Hoffnung. Ich sehe uns da jetzt noch nicht unbedingt, aber ich hoffe, dass wir da sein werden. Aber das sind schon wichtige Faktoren. Dass man besser wird, dass man Spaß hat und dass man Erfolg hat. Wenn da mindestens ein Faktor nicht von gegeben ist, dann macht’s keinen Spaß mehr.
BR: Welche Frage würdest du dir wünschen, dass sie im Interview mal gestellt wird? Dann stellen wir die nämlich auch.
Dän: Das ist jetzt schwierig. Kann ich so nicht sagen. Also ich freu mich über jede Frage die so ein ganz klein bisschen von dem abweicht, was man sonst so gewohnt ist. Also alles was über „Wie seid ihr auf den Namen gekommen?“ und „Wie seid ihr auf die Musik gekommen?“ hinausgeht. Oder auch die Frage „Wie fallen dir denn immer die Lieder ein?“ das ist auch ne Frage, die ist einfach nicht zu beantworten.
BR: Was muss denn passieren, dass du bei einer Moderation einfach nur sprachlos bist?
Dän: Ja, es kann passieren, dass man den Text vergisst, dann ist man wirklich im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos und das ist mir auch schon mal passiert. Und manchmal ist es auch so,wenn man so grad ein Stehkonzert hat und es ist alles sehr eng je nachdem was da für Mädels in der ersten Reihe stehen, dann ist es schon mal... manchmal gibt es auch junge Damen, die sich besonders freizügig kleiden und für den Moment muss man dann zumindest woanders hingucken.
BR: Gibt’s irgendwen, mit dem du oder mit dem ihr besonders gerne mal zusammen auf der Bühne stehen würdet?
Dän: Es gibt ne ganze Reihe Künstler, die ich sehr sehr gut finde. Mit einem auf der Bühne zu stehen ist ein bisschen schwierig in unserm Fall, also wenn überhaupt würde ich gerne mal so den ein oder anderen Sänger haben, der bei uns dann mal ein Solo übernimmt und wir singen dann die Begleitung. Da gibt’s diverse Leute.
BR: Kannst du ein Beispiel nennen?
Dän: Ja, also jeden Sänger, den ich in irgendeiner Form gut finde. Ich find Robbie Williams großartig, find Die Fantastischen Vier toll, wobei das würde wieder gar nicht passen, da ließe sich ja gar keine Verbindung herstellen. Die Barenaked Ladies aus Kanada sind eine meiner Lieblingsbands. Da gibt’s viele.
BR: Was ist denn das abwegigste Gerücht, was Fans mal in die Welt gesetzt haben?
Dän: Das will ich jetzt so am liebsten gar nicht zitieren. Wir haben ne Handvoll Fans, also so ein paar Mädels, die sind wirklich an der Grenze zum psychopathischen Stalking manchmal. Also im Moment ist wieder ein bisschen mehr Ruhe Gott sei Dank, aber da gibt’s auch Leute, die schreiben dann schon mal was im Internet und ich hab auch schon mal e-mails bekommen von dem einen Mädel, die sich dann extra ne gmx-Adresse genommen hat und sich dann als eine meiner Bekannten oder Freunde ausgegeben hat.... dann meine Handynummer rausbekommen hat, so Geschichten... Ich meine, was man immer wieder hört ist das Gerücht, dass wir aufhören wollen. Durch die Fernsehsendungen wissen einige Leute, dass Eddi mal Pfarrer werden möchte. Und viele Leute glauben jetzt offenbar, dass er das sofort werden möchte und wir müssen irgendwie alle zwei, drei Monate im Internet dementieren, dass wir aufhören.
BR: Was ist denn... das ist jetzt ne fiese Frage so kurz vor der Osterpause... Wonach sehnst du dich im Moment?
Dän: Nach der Osterpause.
BR: War klar.
Dän: Seit Karneval ist zwar ne relativ kurze Zeit vergangen, aber wir haben sehr sehr intensiv getourt die letzten drei, vier Wochen. Waren also praktisch nur unterwegs und dann waren wir mal ein zwei Nächte zu Hause. Wir hatten eine Phase mit fünf Konzerten am Stück, also es gab keinen Tag frei dazwischen. Dann waren’s noch mal vier und jetzt sind’s wieder vier gerade im Moment und ich sehne mich jetzt nach Zeit an der Nordsee mit meiner Frau.
BR: Wer ist denn dein persönlicher Held? Wenn du keinen jetzt hast, dann der Held deiner Kindheit.
Dän: Mein ganz großer Held als Kind war Toni Schumacher, war damals Torhüter beim 1. FC Köln. Der war ein absolut genialer Torwart, viel besser als Oliver Kahn heute, das kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Und Pierre Littbarski. Das waren dann eben die Helden im fußballerischen Bereich. Im privaten Rahmen ist zumindest eine sehr große Vorbildfigur natürlich mein Vater. In vielerlei Hinsicht.
BR: Wenn du dir wünschen könntest, was in deiner Grabrede über dich gesagt werden soll, was soll das sein?
Dän: Tja, das ist ne interessante Frage. Ich würde hoffen, dass die Leute, die um mich trauern das auch tun aber dass sie die Trauer auch überwinden und sich auf das besinnen, was sie durch mich vielleicht auch wirklich an Schönem erlebt haben. Und dass sie auch sich bewusst sind, dass das eine oder andere auch noch bestehen bleibt. Das ist ne Hoffnung als Komponist oder als Texter freut man sich natürlich, wenn ein paar Sachen dann auch einen selbst überdauern. Das wäre natürlich ein schöner Gedanke. Und das ist natürlich echt zwiespältig, auf der einen Seite würde man ja sicherlich nicht wollen, dass die Leute überhaupt nicht trauern aber man will ja auch nicht, dass die Liebsten da vor Sorge vergehen, also als Form von Kummer... schwierige Frage.
BR: wofür würdest du eventuell Werbung machen? Also jetzt bitte nicht für den 1. FC Köln, das ist klar...
Dän: Ja, ich würde prinzipiell nur für Sachen werben, wo ich wirklich hundertprozentig hinter stehe und die nicht gesundheitsschädlich sind und da bleibt ja gar nicht mehr so viel übrig. Also für jede Art von Alkohol würd ich nicht werben, ich würde für keine Zigaretten werben und auch für Süßigkeiten nicht... also... es müsste irgendwas sein, für’n iPod zum Beispiel, das könnt ich mir schon vorstellen. Dass die irgendwie auch vernünftig arbeiten, es gibt ja so Aufstellungen über nachhaltige Firmen. Also es gibt irgendwie... welche Firma, warte mal... Starbucks zum Beispiel, die sind ja diese Kaffeekette. Die machen natürlich die kleinen Cafés kaputt, kann man auch wieder sagen „Scheiße!“, aber erstens mag ich den Kaffee und zweitens handeln die wohl auch relativ fair mit den Ländern wo der Kaffee gewonnen wird. Ich würd auch schon mich sehr genau über die Firma informieren und auch über die Produkte bevor ich da werben würde.
Ich hab gehört, dass Starbucks relativ gut angesehen sind innerhalb der großen Kaffeefirmen. Ich weiß nicht, aber ich hab’s einmal gelesen in ner Wirtschaftszeitung. Da müsste man sich sehr genau informieren. Ich werbe auf jeden Fall gerne für misereor mit denen wir zusammenarbeiten, das ist ja auch ne Form von Werbung wenn man da sein Gesicht in die Kamera hält.
BR: Wie seid ihr denn dazu eigentlich gekommen?
Dän: Also die haben uns angesprochen und wir haben prinzipiell schon den Anspruch, dass wir so karitative Sachen auch machen immer wieder und das ist einfach auch schön. Man freut sich, wenn man so’n bisschen die Popularität auch nutzen kann. Und das ist auch für uns schön. Also wir haben beim Katholikentag nen Auftritt gehabt vor neuntausend Leuten, das ist natürlich auch nicht schlecht, ne? Es ist ja nicht NUR, also natürlich in erster Linie aber nicht nur ein soziales Engagement sondern wir haben da auch was von. Wobei die Indien-Reise die haben wir auch selber bezahlt also das ist nicht so, dass wir uns die von denen haben bezahlen lassen, das wär’ ja Quatsch sondern wir sind wirklich dafür da, dass die das Geld auch wirklich bekommen und nicht dass wir die noch was kosten. Das wär ja noch schöner.
BR: Da bist du jetzt genau der falsche, ich wollte eigentlich fragen, was ihr aus der Indien-Reise in den Alltag mit rüber genommen habt.
Dän: Genau, da war ich nicht dabei. Leider. Aber ich denke, also jetzt auch als Außenstehender ich hatte das Gefühl, dass auch danach die Stimmung auch in der Gruppe doch dass wir noch ein bisschen enger zusammengewachsen sind dadurch. Ich fühl mich auch nicht außen vor sondern es waren da alle sehr beeindruckt von. Es hat einen doch sehr beschäftigt und es ist jetzt noch mehr Begeisterung da für die Sache Geld zu sammeln.
BR: Was war das merkwürdigste oder seltsamste, was jemals ein Fan zu euch gesagt hat? Muss jetzt nichts negatives sein.
Dän: Nee nee, das war negativ. Das war also so verrückt, das war ne E-Mail, völlig abgedreht. Ansonsten... also merkwürdiges fällt mir jetzt nicht ein. Aber es gibt halt erstaunlich oft Leute, die einem was sagen oder ne mail schreiben, die einen sehr berührt. Weil entweder irgendwie... jemand der krank war und vielleicht sogar gestorben ist und der in den letzten Wochen nur unsere Musik gehört hat. Oder jemand der schrieb, er hat ein autistisches Kind das praktisch auf nix reagiert und bei manchen unserer Lieder nur Reaktionen zeigt. Wow... in der Hinsicht gibt’s viele. Auch Familien, die sich bedanken, weil sie sagen: „Ein Wise Guys Konzert ist das einzige, wo wir alle zusammen hingehn, zusammen Spaß haben und tagelang drüber reden können. Sonst haben wir keine Gemeinsamkeiten mehr, weil das vom Alter so auseinander geht.“ Also wo wir sozusagen in irgendeiner Form den Menschen wirklich gut tun über den reinen Spaß hinaus wirklich was Gutes bewirken das ist immer sehr sehr schön.
Ja? Reicht das?
BR: Wir sagen Dankeschön.
Dän: Euch ein schönes Konzert.
Kristin Feldmann, 07.03.2005
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