Interview
Klez.e
Gitarren und Hackbretter
Nicht nur die musikalische Klasse verleiht dem neuen Klez.e-Album "Vom Feuer der Gaben" einen besonderen Glanz. 12 Künstler haben die einzelnen Songs des Albums in Bilder gefasst. Dazu kommt ein völlig größenwahnsinniges Instrumentarium, welches einige Überraschungen beinhaltet. Wo sonst findet man zwischen Chören, Streichorchestern, Kirchenorgeln und Elektroprogrammierung Dinge wie Hackbrett, Schuh und Reißverschluß? Klez.e standen für uns Rede und Antwort.
BR: Was kann man sich unter einer "Heidelberger Schnelldruckpresse" oder
einem "Gesungenen Bass" vorstellen?
Klez.e: Die Heidelberger Schnelldruckpresse ist eine weit verbreitete
Buchdruckmaschine.
Ein schnaufendes Ungetüm aber sehr zuverlässig im Arbeitsprozess.
Beim gesungenen Bass habe ich einen Effekt benutzt, wie man ihn kennt
von heruntergepitchten
Stimmen.
Das Gegenteil von Stimmen die mittels Helium höher und schneller wirken.
Dann haben wir den Basslauf mit diesem Effekt gesungen und aufgenommen.
BR: Hilft ein großes Instrumentarium beim Schreiben großer Musik?
Klez.e: Die Stücke sind in der klassischen Besetzung Bass, Gitarre, Schlagzeug
im Proberaum entstanden.
Somit hatten wir einen normal begrenzten Rahmen beim Schreiben zur
Verfügung.
Erst später spürten wir, dass die Lieder mehr verlangen.
Das haben wir dann bedient.
Es steigerte sich immer mehr in diesen Wahnsinn, den wir nun geschaffen
haben.
Wir konnten uns gar nicht dagegen wehren...
BR: Wo seht ihr die größten Unterschiede zu eurem letzten Album "Flimmern"?
Klez.e: Wenn ich "Flimmern" als Kinofilm sehe, ist "vom Feuer der Gaben" für
mich ein Theaterstück.
An vielen Stellen überzeichnet übertrieben.
Aber im ganz positiven Sinne.
Das Album verlangt sehr sehr viel vom Zuhörer und auch von uns als Band.
Die Arbeit war lang und schwer und auch jetzt nachdem es fertig ist,
setzen wir uns immer wieder
damit auseinander.
Ich empfinde "vom Feuer der Gaben" musikalisch und textlich
vielschichtiger und weiter als
"Flimmern".
Ich würde sogar behaupten, dass die neue Platte im Gegensatz zu
"Flimmern" keine "Indieplatte" mehr ist.
BR: Was kann man von einem Klez.e-Konzert erwarten?
Klez.e: Wir haben jede Menge Instrumente mit auf Tour.
Unter den Konzertorten gibt es viele alte bestuhlte Theater oder Kinos.
Bei den Vorbereitungen für die Tour und auch bei einem Konzert, dass wir
im Herbst in Berlin
gespielt haben, war zu spüren, dass eine große Energie von den Stücken
auf das Publikum wie auch auf uns wirkt.
Da "vom Feuer der Gaben" für uns so eine intensive Platte geworden ist,
werden wir dieses Gefühl
mit auf Tour nehmen und jeden Abend spüren und auch transportieren so
gut wir können.
BR: Eure Vorliebe für opulente, liebevoll gestaltete Artworks habt ihr auch
bei "Vom Feuer der Gaben" beibehalten. Würden eure Songs auch ohne den
visuellen Aspekt funktionieren oder sind Musik und Bild untrennbar
miteinander verbunden?
Klez.e: Cover spielten in der Vergangenheit immer eine große Rolle für uns.
Diesmal haben wir innerhalb des Covers eine Bildausstellung.
Wir konnten 12 internationale und nationale Künstler begeistern, zu je
einem Stück ihrer Wahl ein Bild
zu gestalten.
Diese 12 Kunstwerke werden dem Betrachter beim Hören des dazugehörigen
Stückes weitere Ebenen
eröffnen.
Auch wir haben "vom Feuer der Gaben" über diesen Weg nochmal mehr
verstanden!
BR: "Vom Feuer der Gaben" wirkt auf mich - und das ist nicht als negative
Wertung zu verstehen - nicht wirklich spontan, sehr durchdacht. Hattet
ihr ein umfassendes Konzept?
Klez.e: Nein gar nicht.
Es gab einen Punkt, der allen wichtig war.
Wir hatten die 100 Prozent Regelung eingeführt.
Das heißt, jedes Stück ist erst dann fertig, wenn alle 100 Prozent damit
zufrieden sind.
Bislang konnten wir aufgrund der Kürze der Zeit nie alle gemeinsam mit
dem Ergebnis glücklich sein.
Diesmal haben wir das geschafft!
BR: Das Internet hat in den letzten Jahren in Sachen Musik immer wieder für
Überraschungen gesorgt. Wird sich eure Kunst in Zukunft auch auf
neuartigen Ebenen bewegen?
Klez.e: Wir sind ja alle sehr kunstinteressiert.
Auch über das reine Musikmachen hinaus.
Ich denke wir werden alle Möglichkeiten nutzen, die es zu verändern und
auch zu entdecken gibt.
Gerade haben wir mit dem Editor, der ja zur Zeit noch auf klez-e.de zu
finden ist, interessante
Kommunikationen beobachten können.
Das ist ein schwarzes Feld, das beliebig vom Nutzer beschrieben und auch
wieder gelöscht werden kann.
Man kann sich darüber unterhalten, austauschen aber auch fragen stellen
oder darin umhermalen.
Wir werden dieser Dinge nicht müde...
BR: Eure Einschätzung zur Zukunft des Tonträgermarkts?
Klez.e: Ich habe um ehrlich zu sein, kein gutes Gefühl bei der Sache.
Ich hoffe sehr, dass wir verstehen lernen, dass Musik etwas Wert ist und
auch sein muß.
In unserem Fall stecken wir sowohl als Künstler wie auch unser Label
Loob Musik sehr viel Mühe, Arbeitskraft und Geld in die Sache.
Damit Bands wie wir und Labels wie Loob weiterhin bestehen können,
müssen die Leute, die unsere Musik hören, auch etwas dafür geben.
Das ist sehr wichtig!
Und auch verständlich!
BR: Wie lauten eure guten Vorsätze fürs Jahr 2009?
Klez.e: Ich werde mir weiterhin jede Platte im Laden kaufen gehen.
BR:...Danke für das Interview!
Benedikt Ernst, 23.01.2009
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