Cd-Besprechung
Leserwertung: 14.0 Punkte
Stimmenzahl: 1
Paul Epworth muss ein Genie sein. Wie Dr. Evil saß er mutmaßlich Jahre lang – seit ca. Ende der 80er - in seinem Kämmerchen, über Experimenten brodelnd, in die niemand Einsicht erhaschte. Nur hin und wieder hörte man ein schallendes Lachen: “Warte nur ab, Welt! Meine Zeit wird kommen!“
2005: Epworth lässt seinen Virus los. Von England in den Rest der Welt. Der Zeitpunkt ist mehr als gut gewählt: Vorreiter wie Franz Ferdinand ebneten mehr als ein Jahr zuvor den Weg und zeigten, dass mehr als genug Hörer-Potential da ist. Seine Babys heute heißen Bloc Party, Futureheads, Maximo Park oder Babyshambles (sic!), er drückt ihnen ganz im Stillen seinen Produzentenstempel auf und ab dafür. Schwierig, bei dieser Post-Wave-Britrock-Punk-Pop-Welle sowohl die klare Sicht zu behalten als auch gut von böse zu unterscheiden. So auch beim neuesten Auswuchs: The Rakes. Die kommen – schon fast erfrischenderweise – wieder aus den Londoner Suburbs, nicht aus diesen Arbeiterstädten wie Manchester, Leeds, oder noch schlimmer: Schottland. Sind auf der gesamten Insel, dank dem lieben NME, der neue heiße Scheiß. Man hat schon bald keine Lust mehr, überhaupt noch zu überprüfen, was dahinter steckt. Aber das wäre fatal: Denn The Rakes sind gut. Trotz Klatschpresse a la Doherty, trotz der subjektiv gesehen schlechten Ausgangsposition, mit ihrem Sound so alleine da zu stehen wie Tim DeLaughter auf der Bühne. The Rakes klingen weniger nach Style, mehr nach Punk. Und The Rakes haben Hits: „Work, Work, Work (Pub,Club, Sleep)“ ist cool und relaxt und tanzbar zugleich und erinnert nicht von ungefähr, wie auch „Retreat“ mit seinem treibenden Ende, an die wirklich guten Razorlight. „Terror“ wiederum könnte auch genauso vom Erzherzog persönlich sein. Ach und apropos: Deutsch ist ja auch spätestens seit Franz Ferdinand hip. The Rakes packen das beim Schopfe und schreiben mit „Straßbourg“ gleich ein ganzes Lied über die gute alte Stasi (vielleicht auch nicht)... Weitere Hits: „22 Grand Job“ mit seiner simplen Linie und dem omnipräsenten stark akzentuierten britischen Akzent, den nun ja jeder zu seinem Markenzeichen erheben will – da ist Mike Skinner aber früher aufgestanden. Und schon sind wir doch wieder am Anfang: Man kommt nicht drum rum, tonnenweise Referenzen heranzuziehen. Das ist gut und schlecht zugleich. Dieses Zwischen-den-Stühlen-Musizieren resultiert dann nämlich manchmal in dem Eindruck, als könnten sich The Rakes nicht ganz entscheiden, ob sie dicht und straight klingen wollen oder reduzierter und avantgardistischer. Und irgendwie entspringt daraus dann doch was, was man bedingt eigenständig nennen kann. Die Qualität ist so oder so mehr als gelungen.
So werden viele The Rakes als einen weiteren Reiter des Hypes abtun. Und nein, ganz gerecht wäre das nicht. Aber nachvollziehbar – wären sie doch nur zwei Jahre früher da gewesen. So aber: „I don’t wanna be temporary these days.“ Sei’s drum.
11 Punkte (von max. 15)
Fabian Soethof, 12.08.2005
TRACKLIST
01.Strasbourg
02.Retreat***
03.22 Grand Job***
04.Open Book
05.The Guilt
06.Binary Love
07.We Are All Animals
08.Violent
09.T Bone
10.Terror!***
11.Work, work, work (Pub, club, sleep)***
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