Cd-Besprechung
Leserwertung: 11.3 Punkte
Stimmenzahl: 3
Es ist immer schwierig mit Außenseitern. Entweder man schafft es gekonnt, sie zu ignorieren. Oder aber sie nerven derart, dass es schwer fällt, die Kontenance zu wahren. Andererseits: Oft ist es auch so, das diese Außenseiter etwas an sich haben, das man interessant findet; z.B. weil man sich selbst nicht traut, so zu sein wie sie, oder zumindest deshalb, weil sie irgendwie anders sind. Besserwisser (Eltern, Lehrer, Jürgen Fliege) sagen dann meist, dass dieses Querulantentum irgendwann vorbei gehen wird (die Pubertät!), und empfehlen, sich doch etwas der Masse anzupassen: den gesellschaftlichen Normen, den Mitschülern, middle of the road. Das Leben sei schließlich kein Wunschkonzert, hört man dann oft.
Was das mit dem neuen Album der Fiery Furnaces zu tun hat? Nun: auch auf „Bitter Tea“ wird man als Außenstehender (nicht Eltern, nicht Lehrer, schon gar nicht Jürgen Fliege, sondern Plattenrezensent!) das Gefühl nicht los, dass dort eine Band spielt, die irgendwie quer schlägt. Mit viel Potential, das weiß man, aber eben auch irgendwie anders. So, das man empfehlen will: „Werdet doch mal endlich erwachsen!“.
Auf „Bitter Tea“, dem nunmehr vierten Album der Fiery Furnaces fiept es an allen Ecken und Kanten, Melodien werden nur in Zwischenpassagen zugelassen, zwischendurch immer wieder nette akustische Gitarren, Elektro-Folk könnte man das nennen. Sie machen es sich (Außenseiter eben) selbst nicht einfach. Allein der Opener „In My Little Thatched Hut“ nervt ungemein, so dass man nur wenig Lust hat, das Album überhaupt weiter zu hören. Track Nummer 2, mit einem schrecklichen Piano, ist noch schlimmer. Dennoch verspürt man so etwas wie (siehe oben) Sympathie für die Fiery Furnaces. Und man weiß, wenn sie wollten, könnten sie ganz anders (gut).
Riskiert man, sich das Album komplett anzuhören, kann man zumindest zwei bis drei sehr annehmbare Lieder finden. Insbesondere der „Benton Harbour Blues“ ist Pop im positivsten Sinne (mit leichten Brüchen, die wohl unvermeidlich sind), oder aber auch „Police Sweater Blood Vow“. Irgendwann (wenn sie erwachsen sind, so sagt jetzt mal der schreibende Spießer) werden sie vermutlich ein Album aufnehmen, das Pop in Vollendung sein wird - und sich vielleicht sogar toll verkaufen wird. Dann werden Matthew und Eleanor Friedberger (Geschwister), die zusammen die Fiery Furnaces sind, wohl die bahnbrechende Ironie betonen mit der sie zu musizieren pflegen - um sich selbst noch im Spiegel angucken zu können. Und um sich das letzte Maß sprichwörtlichen Punk zu behalten, das wir ihnen gerne zugestehen. Es ist eben immer schwierig mit Außenseitern.
6 Punkte (von max. 15)
Daniel Höfelmann, 23.04.2006
TRACKLIST
1. In My Little Thatched Hut
2. I'm In No Mood
3. Black-Hearted Boy
4. Bitter Tea Listen Listen
5. Teach Me Sweetheart
6. Waiting To Know You***
7. The Vietnamese Telephone Ministry
8. Oh Sweet Woods
9. Borneo
10. Police Sweater Blood Vow*** 11. Nevers!
12. Benton Harbor Blues***
13. Whistle Rhapsody?
14. Nevers (Remix)
[ *** Anspieltipps ]
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