Cd-Besprechung
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Die Biographie so mancher Menschen verstört mich. Wie aktiv kann man eigentlich sein? Wie viele Aktivitäten kann man in einen Tag packen, wo er doch nur 24 Stunden lang ist? Wie will man das alles schaffen, wenn man auch noch Zeit zum Schlaf und zum Essen finden will? Tara Jane O’Neil ist so ein Fall. Wenn man dem Info der Plattenfirma Glauben schenken darf, so ist Tara in der Malerei tätig, übt sich als Schriftstellerin, widmet sich dem Schauspiel und da ist ja natürlich auch noch ihre Karriere als Musikerin, Produzentin und Toningenieurin. In insgesamt vier Bands war Tara Jane O’Neil fest engagiert, zwei davon hat sie selbst gegründet. Daneben sei sie an zahlreichen Projekten befreundeter Musiker beteiligt. „You Sound, Reflect“ ist bereits ihr viertes Soloalbum. Ihre Diskographie umfasst über 30 Werke. Viel Zeit bleibt da nicht.
Vorliegendes Album bewegt sich im weiteren Fahrwasser von leisetretenden Kollegen wie Mazzy Star, Madder Rose oder zuletzt A Girl Called Eddy und Jet Johnson. Weitgehend reduzierte und sphärische Popnummern gibt es hier zu hören, wobei der warme Klang akustischer und elektrischer Gitarren durch eine Orgel und eine Violine ergänzt wird. Dazu ertönt der manchmal nur gehauchte Gesang Taras.
Der wunde Punkt an diesem Album – wie überhaupt an vielen vergleichbaren Veröffentlichungen – ist leider die fehlende Abwechslung sowohl im Songwriting als auch im Hinblick auf das gesamte Album. Immer wieder verharren die Songs auf einer einmal gefundenen Ebene, wiederholen sich die Gesangslinien und Arrangements. Aber in einem gewissen Sinne ist „You Sound, Reflect“ dann doch mehr als bloßer Durchschnitt.
Der Opener „Take The Waking“ etwa baut sich nur langsam von einem Orgelklang ausgehend auf, wird später sparsam von einer Gitarre verstärkt während sich im Hintergrund ein sphärischer Frauengesang entfaltet, den man vielleicht sogar noch besser in der Kategorie „vokalisiertes Atmen“ einordnen könnte. Auf schwer zu beschreibende Weise wird hier eine Spannung erzeugt, für die es keiner pompösen Mittel bedarf.
“Howl“ gerät lieblich und warm und man freut sich, dass endlich einmal ein klein wenig beherzter in die Saiten gegriffen wird und auch ein Schlagzeug den Sound bereichert. Wenn dann zwischenzeitlich mit Dissonanzen gespielt wird, so hat Tara Jane O’Neil an dieser Stelle mehr zu bieten, als die eine oder andere der oben genannten Vergleichsgrößen.
Auch an anderer Stelle finden sich schöne Ideen. Etwa das unüberschaubare und unaufgeräumte „Love Song Long“, bei dem sich die Instrumente in Teilen zuwiderlaufen und das auch rhythmisch recht abwechslungsreich ist. Auch Songs wie dass zwischendurch beinahe aufbrausende „Without Push“ oder „A Snapshot“, bei dem sich die Stimme merkwürdig in den Vordergrund drängt, klingen interessant.
An diesem Album zeigt sich erneut die Subjektivität von CD-Kritiken. Was von manchem als optimaler Soundtrack für die ruhigen und besinnlichen Momente des Lebens begriffen wird, dürften andere als die blanke Langeweile empfinden. Daher vor dem Kauf bitte brav reinhören.
8 Punkte (von max. 15)
Martin Baum, 27.08.2004
TRACKLIST
1. Take the Waking
2. Howl ***
3. Poisoned Wine
4. Love Song Long ***
5. Tracer
6. Famous Yellow Belly
7. I Call You
8. Without Push ***
9. Ours Soared
10. A Snapshot
11. Known Perils
12. Tea Is Better Than Poison
[ *** Anspieltipps ]
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