Cd-Besprechung
Leserwertung: 10.9 Punkte
Stimmenzahl: 20
Ich weiß leider nicht, wie es ist eine Schwester zu haben. Die Ingolstädter Band Slut weiß das durchaus. Pelzig, um deren neues Album „Safe In Its Place“ es hier gehen soll, gelten als die „Schwesterband“ von Slut. Hä, wieso „Schwesterband“? Nun, da will ich mich in den Ohrensessel sinken lassen und die Leserschaft mit aus erster Hand erworbenem Wissen fortbilden. Slut und Pelzig wurden etwa zeitgleich in den neunziger Jahren gegründet. Seit Urzeiten bestand zudem eine gewisse Personalunion zwischen den Bands. Die Herrschaften Schaller und Arbeithuber von Slut bedienen auch bei Pelzig die Instrumente. Da man nicht nur die bayrische Herkunft und die Musiker, sondern auch Studio, Equipment und hin und wieder den Tourbus teilte, lag der Weg zur Bezeichnung als „Schwesterband“ nicht fern.
Auch musikalisch zeigt sich eine gewisse Verwandtschaft, wenngleich Pelzig ihren Indie-Rock noch eine Spur trockener und gradliniger gestalten als es die große Schwester zu tun pflegt. Da gibt es keine größeren Spielereien oder Schnörkel, keine längeren sphärischen Eskapaden, die man einzig im Opener „Walk On By“ noch angedeutet finden kann. Stattdessen gibt es kraftvolle Indie-Gitarren-Arbeit, einen knarzigen Bass und vertrackte Strukturen. Es erfordert Muße und einige Durchgänge, um mit „Safe In Its Place“ warm zu werden. Am einfachsten gelingt dies noch mit dem vergleichsweise ruhigen „Typically Human“ und dem abschließenden „Salvation Army“. Dennoch spürt man es deutlich: Pelzig wollen nicht durch eingängige Melodien auffallen, hier soll sich der Hörer gefälligst auch mal Mühe geben. Im Prinzip macht man das ja gerne. Allein die Stimme von Sänger Christian Schulmeyr macht einem dies manchmal schwerer als es sein könnte. Mag sie live noch angenehm an Blackmail erinnern, kommt auf der CD in puncto Gesang sehr wenig Charme rüber. Die Songs sind natürlich trotzdem gut, zünden für meine melodieverliebten Ohren aber selten richtig.
Solche „pathologischen Details“ sollten bei einer CD-Besprechung eigentlich außer Betracht bleiben. Aber so ganz gelingt es natürlich nicht, vom eigenen Geschmack zu abstrahieren. Mir fällt es leicht, Pelzig okay zu finden. Nicht mehr, nicht weniger. Aber selbst okay zu sein, ist doch richtig prima, wenn man sich ansieht, was für Musik ansonsten so durch die herrschenden Medien geschrubbt wird.
8 Punkte (von max. 15)
Martin Baum, 01.11.2004
TRACKLIST
1. Walk On By ***
2. Just A Minute
3. A Fear Which We Call Love
4. Part-Time Tragedy
5. Typically Human ***
6. I Wish
7. Trick Trick
8. The Modern Harm
9. Rocky Creek
10. Salvation Army ***
[ *** Anspieltipps ]
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