Cd-Besprechung

Nikki Sixx / Ian Gittings

Tagebuch eines Heroinsüchtigen (Buch)

I.P.Verlag Jeske/Mader
  Vö: 19.10.2009

Bewertung:  13 Punkte
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Es dürfte wohl n ur relativ wenige Autoren geben, die für sich in Anspruch nehmen können, etwas Einmaliges geschaffen zu haben. Nikki Sixx, seines Zeichens Kopf und Sechs-Saiter von Mötley Crüe sowie sein Co-Autor Ian Gittings haben jedoch genau das mit „Tagebuch eines Heroinsüchtigen“ geschafft.

Drehen wir das Rad der Zeit ein wenig zurück. Genauer gesagt: Bis zum Dezember 1986. Mötley Crüe absolvieren gerade die letzten Gigs der „Theater Of Pain“-Tour und stehen kurz vor den Aufnahmen zu „Girls, Girls, Girls“. Sex, Drugs & Rock´n´Roll - genau das ist in diesen Tagen das Motto der Band, wenn auch mit unterschiedlichen Prioritäten. Für Nikki Sixx beginnt in dieser Zeit der Abstieg in den Drogensumpf, er kommt mit Heroin in Kontakt und findet darin die große Lebens. Obwohl er fast durchgehend auf Drogen und / oder betrunken ist, schafft er es erstaunlicherweise, ein Tagebuch zu führen.

Dieses ist ebenso verstörend wie widersprüchlich. Denn anfangs ist die Welt im Hause Sixx natürlich noch im Lot, die Wirkung der Droge wird als positiv empfunden. Doch das ändert sich ziemlich schnell, der Weg in die Abhängigkeit ist nicht sehr lang. Sixx erkennt seine Sucht zwar, belügt sich aber selbst, da er seiner Meinung nach jederzeit aufhören könne. Kann er aber nicht, wie mehrere – teilweise halbherzige – Versuche zeigen. Zwar schafft Nikki kurz vor der „Girls, Girls, Girls“-Tour den Entzug, bleibt der Nadel aber nur wenige Wochen fern und ist nach seinem Rückfall abhängiger als je zuvor. „Tagebuch eines Heroinsüchtigen“ schildert beginnend mit dem ersten Weihnachtstag des Jahres1986 über ein Jahr den Kampf gegen die Droge(n) bis hin zum Weihnachtsfest 1987, dem Tag, an dem Nikki das Spiel gegen Gevatter Tod bereits zum zweiten Mal zu verlieren scheint. Auf rund 430 mit einem dreifarbigen Druck auch optisch ansprechenden Seiten werden dabei sowohl die Fortschritte als auch di zahlreichen und unvermeidlichen Rückschläge geschildert.

Was das Buch einzigartig macht, ist eine Kombination mehrerer Faktoren. Zunächst einmal erhält der Leser einen ungeschminkten Einblick in die Gedankenwelt eines Junkies, was auch eine Schilderung der Halluzinationen mit einschließt. Sixx sieht allerdings keine rosa Elefanten, sondern leidet unter Verfolgungsängste. Das äußert sich auf mehre Arten: Mal denkt er, dass im Garten seines Hauses lauter Mexikaner auf ihn lauern, so dass er mit einem Gewehr vor der Türe Wache schiebt, mal befürchtet er, dass die Polizei eine Razzia durchführen würde und spült seinen ganzen Drogenvorrat durchs Klo. Das liest sich auf dem ersten Blick sicherlich lustig, aber auf dem zweiten Blick zeigen sich die Risse in der Fassade des Rockstars, die Euphorie nach dem Schuß, aber auch das Selbstmitleid und die Depressionen.

Die einzelnen Tagebucheinträge sowohl durch Sixx selbst, als auch durch Personen aus seinem familiären Umfeld oder dem der Band kommentiert werden. Dabei wurde bewusst auf jegliche Form von Zensur verzichtet, was angesichts des Formats des Rockstars als auch der Thematik ein ebenso ungewöhnlicher wie einzigartiger Schritt ist. Hierdurch werden insbesondere die familiären Spannungen deutlich, da sich die Kommentare von Sixx´ Mutter und seinem Opa teilweise komplett widersprechen. Gleichzeitig erfährt man viele Crüe-Anekdoten, die erheblich zur Kurzweiligkeit des Buches beitragen.

Das macht „Tagebuch eines Heroinsüchtigen“ nicht nur für Mötley-Fans zu einer lesenswerte Angelegenheit, sofern man nicht gerade ein Moralapostel ist. Denn die teilweise sehr freizügige Schilderungen sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Auch wenn das Buch eine eindringlichere Warnung vor den Folgen einer ungehemmten Einnahme (harter) Stimulanzen ist, eine generelle Verteufelung von Drogen erfolgt hier nicht. Vielmehr erfolgt eine Unterscheidung von guten und schlechten Drogen. Diesen Aspekt sollte man vielleicht im Auge haben, wenn man vorhat, das Buch seinem Nachwuchs zu Weihnachten zu schenken.

Abschließend kann ich mich dem Vorwort des Grusel-Altmeisters Alice Cooper nur anschließen, der seiner Verwunderung darüber, dass Sixx nach dem dritten Crüe-Album noch am Leben war, Ausdruck verleiht und schreibt: „Ich kannte Jim Morrison gut, und Nikki erinnerte mich sehr an ihn. Als Jim mit 27 Jahren starb, waren wir nicht wegen seines Todes geschockt; wir waren in erster Linie geschockt, weil er überhaupt so lange gelebt hatte.“ Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, außer, dass Sixx die kompletten Einnahmen aus dem Verkauf des Buches der von ihm gegründeten Stiftung „Running Wild In The Night“ spendet, die Kindern, die von zu Hause abgehauen sind, versucht zu helfen.

13 Punkte (von max. 15)

Jürgen 18.11.2009

TRACKLIST
ISBN-10: 3931624617
ISBN-13: 978-3931624613
[ *** Anspieltipps ]

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