Cd-Besprechung
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Der Plot von Gantenbergs zweideutiger „Neu-Erscheinung“ ist schnell erzählt: Der Protagonist ist Lokalredakteur Paul Elmar Litten und dieser will der Schreibroutine entkommen. Schützenkönige und Geflügelzuchtschauen erfüllen ihn anscheinend nicht und so ersinnt er den blasphemisch klingenden Fortsetzungsroman „Die Messias“, der eine glückliche Ehe und eine gläubige Kleinstadt durcheinanderwirbelt. Paul ist verheiratet, arbeitet beim Westfälischen Heimatboten und will endlich mal zeigen, welches Talent wirklich in ihm schlummert. Er macht einen geheimen Deal mit dem Herausgeber und veröffentlicht als Bella Gabor einen spektakulären Fortsetzungsroman auf Seite 1 des Heimatboten: Die Messias, die Geschichte von Jesu Zwillingsschwester Hannah, die nach zweitausend Jahren Unsterblich- und Enthaltsamkeit endlich das wahre Leben leben will. Das Ganze schlägt ein wie eine Bombe im idyllisch sortierten Westfalen, und auch Pauls Frau ist begeistert nur ahnt sie nicht, wer Bella Gabor wirklich ist.
Reichlich Comedypotenzial ist also schon mal garantiert, vor allem auch weil Bastian Pastewka in unnachahmlicher Art und Weise diese liebenswerte Geschichte erzählt. Auch wenn einige seiner Stimmeninterpretationen leicht penetrant und überzogen sind, vielleicht aber auch sein müssen um die Personen in Dialogen besser unterscheiden zu können, ist Pastewka mit seiner angenehmen Sprechstimme nahezu die Idealbesetzung für dieses 4 Cd starke Audiobook. Man sieht in der Person Pastewka mit seinem wackelnden Doppelkinn und seinem Cordsakko förmlich den etwas schusseligen, aber liebenswerten Redakteur „Paul Elmarrrrrr“. So nennt ihn seine erboste Frau übrigens immer wenn es ernst wird.
Das über 4 ½ Stunden andauernde Audiobook versteht es, eine spannende Dramaturgie aufzubauen aber verhindert nicht immer, dass es einige langatmige Passagen und Provinz- und Beziehungsklischees gibt, die ab und zu erschreckend an den Proletariatskomiker Mario Barth erinnern. Im Gegensatz dazu gibt es dann jedoch wieder geistreiche Wortschöpfungen und Metaphern und Vergleiche a la „Eher konvertiert der Papst zum Islam“, die einen hin und wieder schmunzeln lassen, die aber auch ein Atze Schröder so raushauen könnte. Dies wäre nicht verwunderlich, da Gantenberg auch an diesen Konzepten mitarbeitete und Autorenerfahrung sammelte.
Im Gegensatz zu diesen Trashproduktion versprüht Gantenberg jedoch immer einen liebevollen Charme und beherrscht das Wechselspiel zwischen Klamauk und ernsthaften Themen (kath. Kirche vs. Emanzipation der Frau) sehr gut.
Alles in allem ist „Neuerscheinung“ eine anständige Neuerscheinung und wird sicher seine Anhänger finden. Spätestens wenn die die Promotionsmaschine richtig in Gang kommt und Pastewka bei Jürgen von der Lippes „Was liest du?“ zufälligerweise dieses Buch vorstellt.
Fazit: Wer auf Stuckrad-Barre, Sven Amtsberg, Oliver Uschmann und Michael Weins steht, kann bei Neuerscheinung nichts falsch machen. Auch wenn meiner Meinung nach das herkömmliche Buch immer noch die bessere Wahl ist, denn die Bestimmung des eigenen Lesetempos ist wesentlich schöner und unanstrengender als alles vorgekaut und durch die Vorleseart vorinterpretiert zu bekommen.
10 Punkte (von max. 15)
Michael Konen, 01.02.2009
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