Cd-Besprechung

John Frusciante

The Will To Death

Warner Music
  Vö: 28.06.2004

Bewertung:  11 Punkte
Leserwertung:  7.6 Punkte
Stimmenzahl: 69

- 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

John Frusciante beginnt mit diesem Album ein Wagnis, wie es die Musikwelt selten gesehen hat. Nachdem dieses Jahr „Shadows Collide With People“ erschienen war, stellt „The Will To Death“ den Startpunkt eines sechsteiligen Alben-Zyklus dar, den Frusciante dieses Jahr noch zu veröffentlichen gedenkt. Man könnte hier jetzt in Anlehnung an Harald Schmidt anregen, dass es – zumindest aus kommerziellen Gründen - vielleicht klüger wäre, zunächst nur ein Album aufzunehmen, um zu sehen, ob es überhaupt jemandem gefällt. Dies geriete aber zur Verkennung der Werte, die im Frusciante-Universum wirklich zählen. Im Mittelpunkt steht die Musik – wie oft diese auf CDs verkauft wird und in welchem Abstand sie veröffentlicht wird, ist Nebensache.

Nach dem auf Perfektion getrimmten Vorgänger schaltet Frusciante für „The Will To Death“ produktionstechnisch gleich mehrere Gänge zurück. Aufgenommen ohne Computer auf einem herkömmlichen 16-Spur-Gerät, will er seine Musik als Momentaufnahme, als Produkt der Intuition betrachtet wissen, wobei Fehler nicht unwillkommen sind. Unterstützt von Josh Klinghoffer bastelte Frusciante zwölf Songs, neben vereinzelten rockigen Eskapaden überwiegend ruhige und getragene LoFi-Stücke, denen man deutlich anhört, welcher Gitarrist hier tätig ist. Besonders intensiv wirkt „The Will To Death“ an den Stellen, wo man von einer Sekunde auf die andere jener vertrauten Melancholie gewahr wird, die die ruhigeren Stücke der Red Hot Chili Peppers umgibt.

So etwa im hervorragenden „Unchanging“, wo Frusciante, begleitet von einer sparsamen Instrumentierung, sein Herz ausschüttet. „Laughter’s an ugly friend of mine, we share the best and worst of times. Everyone goes where they belong. Nobody goes elsewhere. Never much thought goes to being right or wrong“ heißt es da. Der Opener „A Doubt“ gerät kraftvoller, entwickelt sich schon beim ersten Hören zu einem Ohrwurm, wobei man zu vergessen neigt, um welch düstere Themen es sich hier manchmal dreht: Todessehnsucht und Isolation.

Bemerkenswert ist auch der Spannungsbogen, den Frusciante in „A Loop“ inszeniert. Nach sparsamem Beginn baut sich der Song auf und explodiert förmlich, ohne auch nur in einer Sekunde auf eine verzerrte Gitarre angewiesen zu sein. Leider können nicht alle Songs gleichermaßen fesseln. Manches bleibt nur angedeutet und fiel der auf Spontaneität angelegten Arbeitsweise Frusciantes zum Opfer. Dennoch ist das abschließende „The Will To Death“ mehr als nur versöhnend. „The will to death is what keeps me alive“ singt Frusciante in diesem ruhigen, extrem melancholischen Abschluss.

Fünf Alben sollen dieses Jahr also noch folgen. Geht das gut? Die enorme Schaffenskraft Frusciantes ist unbestritten. Wie der Musikmarkt diese Herangehensweise quittieren wird, bleibt dabei zunächst abzuwarten. Aber was interessiert das den Hörer, der in Frusciantes Musik ein persönliches Kleinod gefunden hat?

11 Punkte (von max. 15)

Martin Baum, 23.07.2004

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