Cd-Besprechung

John Butler Trio - Sunrise Over Sea

John Butler Trio

Sunrise Over Sea

Lava/Warner
  Vö: 25.04.2005

Bewertung:  11 Punkte
Leserwertung:  12.0 Punkte
Stimmenzahl: 2

Australien ist ein verdammt großes Land, mit weniger Einwohnern als die jüngst gefallene SPD-Hochburg. Auch Neuseeland dazugenommen macht da den Koala-Braten nicht mehr viel fetter. Umso erstaunlicher, wenn dort ein Künstler mal eben 400.000 Platten verkauft und nebenbei monatelang die Charts anführt und mehr Preise einheimst als er tragen kann. Der politisch- und umweltbewusste John Butler, mit langen Dreadlocks und Schlafzimmerblick nicht gerade wie der Prototyp eines Megastars dreinschauend, ist so einer. Das hat er nicht allein geschafft, sondern mit zwei Mitstreitern. Aber wie der Name schon verrät, ist Butler musikalischer und kreativer Kopf des Trios und Gesicht zugleich. Und um den immensen Erfolg aus seinem Heimatland Down Under nachvollziehen zu können, muss man eigentlich mal da gewesen sein. Denn seine scheinbar klassischen Songs spiegeln viel mehr wider als nur ein Talent zu catchy melodies und verspielter Raffinesse. Da schwingt vielmehr diese Mentalität des „easy going“ mit: Versuch hier mal ein Pläuschen mit dem Kassierer anzufangen, dann bemerkst Du den Unterschied…

Trotzdem hat „Sunrise Over Sea“, sein europäisches Debüt, nicht viel mit dem beiläufigen Feel-Good-Surfer-Flair eines Jack Johnson zu tun. Da steckt mehr dahinter. Um das zu bemerken reicht schon der Opener „Treat Yo Mama“: Butler bedient sich nicht einfach aus diversesten Musikrichtungen, er kreiert vielmehr daraus ein eigenes Ganzes. Namentlich sind das neben Reggae und Blues Country-Einflüsse, klassischer Rock und ein Groove, dem man sich nur schwerlich entziehen kann. Klingt nicht nach Anbiederung an einen Roots-Hype, sondern fast ausschließlich nach dem John Butler Trio. Was wiederum an der instrumentalen Vielfalt und der damit verbundenen Virtuosität aller Mitspieler festgemacht werden kann. Butler ist mit der Slide-Guitar aufgewachsen und bedient hier gleich mehrere verschiedene Gitarren, akustisch und verstärkt. Neben dieser Dominanz lernt man auf „Sunrise Over Sea“ viel Percussion kennen: Vom Djembe zum Tambourine, von Congas zu Darambukkas zu Marimbas. Könnten auch exotische Früchte sein …

Was sich nun nach viel anhört, kommt auch dick daher, aber trotz aller Verspieltheit wird eines nie vollends aus den Augen verloren: Der Song. „Peaches & Cream“ ist eine tolle sechsminütige, leider zu früh platzierte Ballade. „Zebra“ der Song, der JB3 alle Türen der Backpacker-Hostels und Shopping Malls öffnete, längst aber nicht der stärkste. „Seeing Angels“ erscheint noch größer, weil sich da erstmal so gar nichts aufdrängt und die Melodie über sich hinauswächst. Und „Betterman“, den Langzeit-Fans schon bekannt, vermittelt mit viel falscher Phantasie das einzige, was man John Butler theoretisch vorwerfen könnte: Wenn er wollte, könnte er einen Hit für Creed nach dem anderen schreiben, ein gewisser Pathos ist nämlich nicht immer abwinkbar. Aber erstens gibt’s die ja nicht mehr, und zweitens will John Butler ja auch gar nicht. Das wäre auch zu einfach, langweilig sowieso.

Wo wir wieder bei seinen Hauptqualitäten wären: Alles hat den Hang zum ausufern, klingt aber stets eingängig und dabei nie zu simpel, immer druckvoll bis zum Anschlag, verspielt und auf den Punkt. Bleibt zu hoffen, dass „Sunrise Over Sea“ mehr als nur ein Achtungserfolg in unseren kühlen Gefilden wird. Nicht, dass John Butler es nötig hätte. So oder so aber alles andere als eine schlechte Wahl für anstehende sommerliche Nachmittage und Abende auf weiten Wiesen. Zurücklehnen.

11 Punkte (von max. 15)

Fabian Soethof29.05.2005

TRACKLIST
01. Treat Yo Mama
02. Peaches & Cream***
03. Company Sin
04. Better Man
05. What You Want
06. Damned To Hell
07. Hello
08. Bound To Ramble
09. Seeing Angels***
10. There'll Come A Time
11. Zebra***
12. Mist
13. Oldman
14. Sometimes***
[ *** Anspieltipps ]

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