Cd-Besprechung
Leserwertung: 14.0 Punkte
Stimmenzahl: 1
Das ständige Streben nach Superlativen ist ein leidiges Thema, im Alltag, im Fernsehen, in der Musik. Wenn ich mich nicht täusche, ist allerdings in diesem Jahr tatsächlich noch nicht viel brauchbares aus deutschen Landen gekommen, zumindest von jüngeren Vertretern der Zunft. Insofern hatten es Earthbend nicht unbedingt schwer, mich zu der Äußerung hinzureißen dass sie in dieser Hinsicht die vielleicht größte Überraschung des Jahres sind. Der Name Earthbend kursiert nicht erst seit gestern durch die beschauliche Alternative-Szene, in erster Linie wegen ihrem leider wenig beachteten Debut "Young Man Afraid", vielleicht auch weil der idyllische Name ihres brandenburgischen Heimatorts so schön zu droppen ist ("Finsterwalde"). Völlig egal was war, "Harmonia" ist jetzt. Und wenn im Flyer steht, dass man gar nicht erst versuchen braucht, dieses Album im Mp3-Player oder an den Laptop-Boxen zu hören, ist das zur Abwechslung mal kein blutleerer Euphemismus.
Der Track "Harmonia" ist ein reines Brett. 9 Minuten. Verzerrte Gitarren, Soundwände. Ruhige Intermezzi. Ein Orgelthema, ebenso markant wie die Elbow-eske Stimme, die einen durch dieses Kunstwerk führt. Ein bisschen wie Trail of Dead, nur das Earthbend keine zwei Schlagzeuger nötig haben. Man bekommt den Eindruck, das Wort "groß" sei einzig und allein für Momente wie die letzten zwei Minuten dieses Songs erfunden wurde. Ein adrett eingesetztes Akkordeon kündet den nächsten Song an. Kurt Ebelhäuser saß an den Knöpfen, durch seine Arbeiten mit Blackmail und Scumbucket bekannt für Qualitätsware. Möglicherweise ist es nur Einbildung, aber auf "Harmonia" sitzt tatsächlich der Ebelhäuser-Stempel. Er lässt Earthbends tolle Songs noch besser klingen. Nach einem Song wie "Harmonia" hat es so ein Album natürlich schwer, nochmal derartig in die Gänge zu kommen. Das Bestimmen weiterer Highlights wird schwierig, vor allem wenn das Niveau permanent so hoch gehalten wird - mal mit wunderbaren Refrains ("1000 Yard Stare"), mal mit hektischem Zweivierteltakt ("Too Many Stars"), der an eine gepflegte Runde Fangen-spielen im Garten erinnert. Wenn man unbedingt ein Haar in der Suppe finden will, ist es wohl die zuweilen leicht monotone Gesangsuntermalung. Wenn man unbedingt will.
Fazit: Alles richtig gemacht in der Postrock oder Progrock oder 70er-was-auch-immer-Küche. Gerne wieder, gerne auf großen Bühnen, am liebsten vor riesigen Wänden aus Boxen und Verstärkern. Finsterwalde will be destroyed.
12 Punkte (von max. 15)
Benedikt Ernst, 10.10.2008
TRACKLIST
1. Harmonia ***
2. Leroi
3. 1000 Yard Stare ***
4. Bones
5. Too Many Stars
6. Troja ***
7. Dragon Lady
8. Scattergun
9. Jadis
10. Tropical Heat Wave
[ *** Anspieltipps ]
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