Cd-Besprechung
Leserwertung: 9.8 Punkte
Stimmenzahl: 33
Februar 2001 - Es ist als sei es erst gestern gewesen und doch schon so weit weg – All die erzürnten und erbosten Leserbriefe in der Visions und zahlreichen anderen Magazinen. Und sie alle haben nur ein Thema: die Relationship Of Command Tour von At The Drive-In und die damit verbundenen katastrophalen Umstände der Venue-Organisation sowie des Kartenverkaufs. Hunderte enttäuschte Fans müssen, in jeder Stadt in der die Tour Halt macht, nach stundenlangem Anstehen endgültig einsehen, dass sie nicht teilhaben werden an dem Live Erlebnis eines Albums, welches heute definitiv als Meisterwerk und Klassiker bezeichnet werden muss. Die Band selbst ist ebenfalls völlig überrascht und gleichsam überfordert mit dem wellenartig über ihnen zusammenbrechenden Erfolg dieser Platte, die bis heute in ihrer Intensität, Wucht und Außergewöhnlichkeit unübertroffen ist. Zermürbt durch die komplett aus der Kontrolle geratene Tour sowie unüberbrückbare bandinterne Spannungen wissen At The Drive-In keinen anderen Ausweg, als die Tour vorzeitig abzubrechen. Im Juni 2001 wird der finale Schritt gewagt und die offizielle Auflösung der Band bekannt gegeben. Und bis heute ist der Name dieser Band einer der meistgenannten, wenn die Frage aufkommt, welches verpasste Live Konzert am meisten bedauert wird.
dissect a trillion sighs away. will you get this letter. jagged pulp sliced in my veins. i write to remember. cuz i`m a million miles away. will you get this letter. jagged pulp sliced in my veins. i write to remember.
Mai 2005 – Sparta und The Mars Volta - so lauten die Namen der Nachfolgeprojekte von At The Drive-In und wenn man sich die Unterschiedlichkeit des musikalischen Ansatzes beider Bands ansieht (vergleichsweise straight rockend und melodisch auf der einen, experimentell und ausufernd auf der anderen Seite), dann fällt es einem nicht schwer, die künstlerischen Differenzen, die zum Split der Vorband führten, nachzuvollziehen. Nichtsdestotrotz sind At The Drive-In natürlich längst nicht vergessen und so ergreift das frühere Label der Band, Fearless Records, die Gelegenheit beim Schopfe und entschließt sich, eine Anthologie zu veröffentlichen, also einen chronologischen Abriss der Bandgeschichte. Dieser beginnt mit zwei Songs der El Gran Orgo EP, die noch einen eher gradlinigen Rocksound offenbaren. Weiter geht es mit 4 Songs des zweiten Albums für Fearless - In Casino Out, mit welchem die Band erstmals wirklich auf sich aufmerksam machen konnte. Denn hier deutet sich bereits das typisch großartige, immer etwas verquere aber immer auch stimmige Melodieverständnis an, welches At The Drive-In zu einer Ausnahmeerscheinung in der Musikwelt werden ließ. Vor allem Napoleon Solo sticht erhaben heraus. Nach zwei Einsprengseln der Vaya EP kommen auch schon die Songs desjenigen Albums, welches die Gruppe aus Texas in die höchsten Kritiker- und Fan-Euphorien katapultierte. Die Auswahl der drei Songs ist sicherlich streitbar, doch One Armed Scissor musste selbstredend mit drauf. Anschließend versammeln sich auf diesem Album noch zwei unveröffentlichte B-Seiten (darunter das überraschend melodisch-harmonische Doorman`s Placebo), ein Remix von Rascuache (irgendwo zwischen Dub-Reggae und Technobeats), das mit seinem ruppigen Refrain an Fugazi erinnernde, aus einer BBC-Session stammende Initiation, sowie zwei durchaus eigenwillig zu nennende Cover von The Smiths und Pink Floyd.
this is forever. from this texas breath. exhaled no sign of relief. this you know. this you know. this is forever.
Empfohlen sei diese Zusammenstellung vor allem all denjenigen, die überhaupt erst durch Sparta oder The Mars Volta auf At The Drive-In aufmerksam geworden sind, sowie allen fanatischen Anhängern der Band am Drive-In Schalter, die jeden jemals aufgenommen Soundschnippsel besitzen müssen. Trotzdem dieses Album einen guten Überblick über eine außergewöhnliche Bandgeschichte bietet, wird durch die Zusammenstellung von frühen und späteren Songs vor allem eines deutlich: Relationship Of Command ist ein nie wieder einzuholendes Überalbum, welches weitaus heller erstrahlt, als es der frühere Output von At The Drive-In oder aber alles, was die Nachfolgebands veröffentlicht haben, jemals tun könnten. Diese perfekte Mixtur aus Eingängigkeit und Experiment, Genie und Wahnsinn, verwirrendem Krach und einnehmender Melodie, bleibt sicher noch lange Zeit unerreicht. Nicht auszudenken, was im Jahre 2001 noch alles hätte passieren können, wenn ein Song wie Cosmonaut als Single mit einem wahnwitzigen Video von Michel Gondry ausgestattet worden wäre, wenn die damalige Tour nicht abgebrochen worden wäre, sondern einem Triumphzug gleich in größeren Hallen stattgefunden hätte, wenn die Band im Sommer auf die großen Festivals gekommen wäre und Shows für die Ewigkeit gespielt hätte, wenn sie danach zu den Arbeiten an einem neuen Album mit Meisterproduzent Rick Rubin zusammengekommen wären, ohne Streit, dafür mit noch mehr musikalischen Visionen...Es hätte ungeahnte Ausmaße annehmen können, dieses Phänomen namens At The Drive-In.
10 Punkte (von max. 15)
Bogatzke , 15.05.2005
TRACKLIST
1. Fahrenheit (el gran orgo ep)
2. Picket Fence Cartel (el gran orgo ep)
3. Chanbara (in casino out)
4. Lopsided (in casino out)
5. Napolean Solo (in casino out)
6. Pickpocket (in casino out)
7. Metronome Arthritis (vaya ep)
8. 198d (vaya ep)
9. One Armed Scissor (relationship of command)
10. Enfilade (relationship of command)
11. Non-Zero Possibility (relationship of command)
12. Incetardis (b-seite)
13. Doorman’s Placebo (b-seite)
14. Autorelocator (at the drive-in/sunshine split ep) *
15. Rascuache (vaya ep, latch bros remix) *
16. This Night Has Opened My Eyes (smiths cover) **
17. Initiation (steve lamacq bbc sessions **
18. Take Up Thy Stethescope And Walk (pink floyd cover) **
*= nicht mehr erhältlich
**= bisher unveröffentlicht
Die Erstauflage der CD erscheint mit einer Bonus-DVD mit folgendem Inhalt:
1. One Armed Scissor - Video
2. Invalid Litter Dept. - Video
3. Metronome Arthritis - Video
4. Operations Manual (electronic press kit)
5. Discography
6. Extras
[ *** Anspieltipps ]
Leserkommentare
At The Drive-In - This Station Is Not Operational (Cd)
Geschrieben von ThirdEye am 09.12.05 um 15:59 Uhr
diese "best of"-cd ist eher durchschnittlich. neben den hits sind ein paar b-seiten drauf, die teilweise aber schon bekannt sind und teilweise nicht so prickelnd. 9 punkte
try and read between the lines...
ThirdEye
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