Cd-Besprechung
Leserwertung: 13.0 Punkte
Stimmenzahl: 1
Für alle einschlägig Interessierten dürfte es immer noch wie eine offene Wunde sein: der tragische Tod des Songwriters Elliott Smith im letzten Jahr. Wie aus heiterem Himmel traf es viele. So dürfte es wohl auch Andrew Morgan ergangen sein, der im Spätsommer 2002 noch Teile dieses Albums in Smith’s „New Monkey“ Studio in Los Angeles einspielte. Das nun vorliegende Album atmet noch spürbar den Geist von Elliott Smith und auch Morgan selbst will es als Gedenken an Smith verstanden wissen, wie er im Booklet schreibt.
Liest man etwas über den Entstehungsprozess von „Misadventures In Radiology“, so liegt der Schluss auf ein unter Umständen zerfahrenes Mammutprojekt nahe. Über mehrere Jahre verteilt fanden die Aufnahmesessions an verschiedenen Orten und unter Beteiligung von etwa 20 Musikern statt. Von Zerfahrenheit kann dennoch keine Rede sein. Das Album klingt homogen, wie aus einem Guss. Ruhiger und akustischer Songwriter-Folk ist das. Ein Piano schleppt sich Seite an Seite mit den akustischen Gitarren durch die Songs. Oftmals kommt eine orchestrale Untermalung hinzu, ohne dass das Album jedoch Gefahr läuft, in kitschige Gefilde abzudriften. Ein Vergleich zu Badly Drawn Boy kommt einem manchmal in den Sinn. Leider fesselt das den Hörer nicht immer sofort. Aber auch als Hintergrunduntermalung taugt das angenehm instrumentierte Werk. Gibt man dem Album die Chance wiederholter Hördurchgänge, so wird man schon bald in seinen Bann gezogen.
Der Titeltrack „Misadventures In Radiology“ etwa zeigt große songwriterische Klasse. Über Cello und Violine, Background-Vocals und den üblichen akustischen Gitarren entfaltet Morgan einen wahren Ohrwurm. Spätestens an dieser Stelle liegt der Vergleich zum Indie-Folk im Stile von Elliott Smith wirklich nahe. Da herrscht dieselbe emotionale Dichte vor, ein Gefühl großer Intimität und des Mitgefühls. „Mawkish mother relegates her babe – sent to bed because he can’t behave“ singt Morgan und dem Hörer läuft ein Schauer über den Rücken. Etwas, was nicht auf vielen Alben dieser Machart geschieht.
Ähnlich wirkt „This Awful Room“, auf dem Morgan eine verflossene Beziehung betrauert. Auch das abschließende „Morpheus Calls“ steht dem nicht nach. Alles in allem sollte man diesem Album in ruhigen Stunden mal eine Chance geben. Denn Andrew Morgan hat etwas zu sagen, mehr als manch anderer vielleicht. Man muss nur konzentriert hinhören.
10 Punkte (von max. 15)
Martin Baum, 15.09.2004
TRACKLIST
1. Prologue
2. Plight Of An Exile
3. Aligned On The Steps
4. Preacher’s Ego
5. Misadventures in Radiology ***
6. This Awful Room ***
7. Joann, You’ll Be Happy Soon
8. Shoulder Your Shovels
9. Supine On The Covers
10. Brushes To Bronze
11. Aligned On The Steps
12. Morpheus Calls
[ *** Anspieltipps ]
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